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EOS-Diagnostik in der Praxis

Blut-EOS-Wert bei COPD: Der Biomarker für den Einsatz von ICS

5 Minuten

Die Zahl der eosinophilen Granulozyten im Blut ist ein prädiktiver Biomarker für
das Ansprechen von COPD-Patient*innen auf ICS-haltige Therapien. Wie der Wert
für die Therapieentscheidung genutzt werden kann, erfahren Sie hier.

ICS-haltige Therapien können bei COPD-Patient*innen mit hohem Exazerbationsrisiko das Risiko für zukünftige Exazerbationen senken.1 Seit 2023 empfiehlt GOLD bei ICS-Bedarf eine 3-fach-Therapie aus ICS+LABA+LAMA.2 Allerdings profitiert nicht jede*r Patient*in von einem ICS. Die GOLD-Leitlinie definiert verschiedenen Kriterien, nach denen ein ICS empfohlen wird, in Erwägung gezogen werden kann oder vermieden werden sollte (Abb.1). Ein Aspekt ist die Zahl der eosinophilen Granulozyten im Blut (Bluteosinophilen; Blut-EOS). Der Blut-EOS-Wert kann zusammen mit der Exazerbationshistorie als prädiktiver Biomarker für das Ansprechen auf ICS-haltige Therapien dienen.1

Blut-EOS als Biomarker: Fähigkeiten und Einschränkungen¹

  • Blut-EOSkönnen variieren und sollten daher als Richtwert gesehen werden.
    • Dabei gelten niedrigere Werte (z.B. 100 Zellen/µl) im Vergleich zu höheren Werten als besser reproduzierbar.
  • Unter Berücksichtigung des klinischen Erscheinungsbildes (Exazerbationshistorie) eignen sich Blut-EOS-Werte von ≥ 300 Zellen/µl, um Patient*innen mit einem erhöhten Exazerbationsrisiko zu identifizieren.
    • Für eine möglichst vollständige Erfassung der Exazerbationen unterstützt der im Versorgungsalltag entwickelte und validierte Patientenfragebogen MEP. Mehr Infos dazu finden Sie hier.
       
  • Blut-EOS eignen sich NICHT als Prädiktor für die Abschätzung eines zukünftig erhöhten Exazerbationsrisikos. D.h. anhand eines Anstiegs der Blut-EOS seit der letzten Messung kann nicht von einer bevorstehenden Exazerbation ausgegangen werden. Laut GOLD 2024 ist die Evidenzlage hierfür noch zu dünn.

  • In Kombination mit dem klinischen Erscheinungsbild (Exazerbationshistorie) eignet sich die Bluteosinophilenzahl als Prädiktor für den Nutzen von ICS-haltigen Therapien in der Prävention zukünftiger Exazerbationen.
    • Der ICS-Nutzen ist bei Patient*innen mit einem hohen
      Exazerbationsrisiko größer
      (≥ 2 Exazerbationen und/oder 1 Hospitalisierung im vergangenen Jahr).
      • Daher sollte zur Einschätzung des Nutzens einer ICS-haltigen Therapie die Zahl der Bluteosinophilen immer mit der klinischen Erhebung des Exazerbationsrisikos (anhand der Exazerbationshistorie) erhoben werden.
    • Der Zusammenhang zwischen Blut-EOS und einem ICS-Nutzen ist dabei kontinuierlich:
      • Bei Blut-EOS < 100 Zellen/µl haben ICS-haltige
        Therapien keinen oder nur einen kleinen Effekt
        auf das weitere Exazerbationsrisiko. -> Grenzwert, um Patient*innen zu identifizieren, die nur mit geringer Wahrscheinlichkeit von einer ICS-haltigen Therapie profitieren würden.
      • Blut-EOS ≥ 300 Zellen/µl markieren die obere Grenze
        des Zusammenhangs
        zwischen der Zahl an Bluteosinophilen und ICS-Ansprechen. -> Grenzwert, um Patient*innen zu identifizieren, die mit der größten Wahrscheinlichkeit von einer ICS-haltigen Therapie profitieren würden.

         
  • Bei Patient*innen mit milder bis moderater COPD und höheren Blut-EOS, bei denen wenig ICS eingesetzt wird, wurde eine stärkere Reduktion des FEV1 beobachtet.
    • Laut GOLD 2024 zeigt dies für diese Patient*innen-Gruppe den möglichen Nutzen der Blut-EOS Zahl als prognostischen Biomarker für die Verschlechterung der Lungenfunktion.
       
  • Bei jüngeren Patient*innen ohne COPD scheinen höhere Blut-EOS mit einem höheren Risiko für eine spätere manifeste COPD einherzugehen.

Übersicht: Kriterien für den Einsatz von ICS nach GOLD

Übersicht: Kriterien für den Einsatz von ICS nach GOLD

Abb. 1: Faktoren, die bei der Einleitung einer ICS-Behandlung zu berücksichtigen sind (mod. nach GOLD 2024)1 # trotz angemessener Erhaltungstherapie mit langwirksamen Bronchodilatatoren * Beachten Sie, dass die Eosinophilenzahl im Blut als Kontinuum zu betrachten ist; die angegebenen Werte stellen ungefähre Grenzwerte dar; die Eosinophilenzahl kann schwanken.

Überblick: Einsatzder 3-fach-Therapie bei COPD nach GOLD¹

Seit dem Update 2023 empfiehlt GOLD bei ICS-Bedarf den direkten Einsatz der 3-fach-Therapie aus LAMA/LABA/ICS:

  • Bei Patient*innen mit Asthma-Komponente sollte die Therapie immer ein ICS beinhalten.
  • Als Initialtherapie in Gruppe E (hohes Exazerbationsrisiko) und wenn
    Blut-Eosinophile ≥ 300 Zellen/μl. §,†
  • Zur Kontrolle von Exazerbationen im Therapieverlauf mit Blut-EOS als maßgeblichem Biomarker.

Quo Vadis ICS+LABA?¹

  • Wenn Patienten ohne Asthma-Komponente aktuell eine ICS/LABA-Therapie erhalten und Dyspnoe und Exazerbationen gut kontrolliert sind, kann ICS/LABA beibehalten werden.
  • Eskalation von LABA/ICS auf 3-fach-Therapie, wenn weiterhin Exazerbationen auftreten und Blut-EOS ≥ 100 Zellen/µl.
  • Wechseln von LABA/ICS auf LAMA/LABA, wenn weiterhin Exazerbationen auftreten und Blut-EOS < 100 Zellen/µl
  • Prüfe Wechsel von LABA/ICS auf LAMA/LABA, wenn eine starke Dyspnoe im Vordergrund der Therapieanpassung steht.‡

Fußnoten

§ Blut-Eosinophile können variieren und sollten alsRichtwert angesehen werden.

 

† Es handelt sich um eine praktische Empfehlung. Keine der derzeit zugelassenen 3-fach-Fixkombinationen ist für die Initialtherapie bei COPD zugelassen.

 

‡ Welche Kriterien für oder gegen einen Wechsel von ICS+LABA auf LAMA+LABA sprechen, wird von GOLD nicht weiter konkretisiert. Es ist davon auszugehen, dass dieser Entscheidung die gleichen Kriterien zu Grunde liegen, wie für den Einsatz von ICS: a) Patient*innen mit Asthma-Komponente sollten immer eine ICS-haltige Therapie erhalten; b) Deeskalation von ICS in Betracht ziehen im Fall einer Pneumonie oder anderen möglichen Nebenwirkungen. Im Falle von Blut-Eosinophilen ≥ 300 Zellen/μl ist eine Deeskalation vom ICS eher mit der Entstehung von Exazerbationen verbunden.

Referenzen

  1. Global Strategy for the Diagnosis, Management and Prevention of COPD, Global Initiative for Chronic Obstructive Lung Disease(GOLD) 2024.

  2. Global Strategy for the Diagnosis, Management and Prevention of COPD, Global Initiative for Chronic Obstructive Lung Disease (GOLD) 2023.

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