Wartelisten-Mortalität: Gebrechlichkeit als Risikofaktor
Was bedeutet Gebrechlichkeit?4
Gebrechlichkeit beschreibt eine erhöhte Verletzlichkeit gegenüber Stressfaktoren sowie den Funktionsverlust verschiedener physiologischer Systeme. Der Körper kann sich nicht ausreichend gegen innere oder äußere Einflüsse wehren – mögliche Folgen sind Infektionen, Stürze, Behinderungen, Mobilitätsschwierigkeiten, Krankenhausaufenthalte und Tod. Bei Transplantationen, sowie weiteren schweren Erkrankungen, dient die Gebrechlichkeit zur Bewertung der systemischen Funktionen von Patient*innen. Neben der körperlichen Beurteilung werden auch psychische und soziale Funktionen mit einbezogen.
Gebrechlichkeit, eine erhöhte Anfälligkeit für Stressfaktoren, ist ein wichtiger Risikofaktor für Todesfälle von Personen auf der Transplantationsliste, wie eine prospektive Studie zeigte.5 Haugen et al. (2020) untersuchte 882 gebrechliche und nicht gebrechliche Kandidat*innen für Lebertransplantationen.5 Das Ergebnis: Gebrechliche Studienteilnehmer*innen hatten unabhängig von ihrem Alter, Geschlecht oder Body Mass Index (BMI) ein doppelt so hohes Risiko während ihrer Wartezeit zu versterben.6 Zudem nahm dieses Risiko über die Zeit zu (siehe Tabelle 1).5 Gebrechliche Personen waren vor allem Studienteilnehmer*innen höheren Alters (> 65 Jahre).5


Wie kann die Gebrechlichkeit gesenkt werden?
Um die Gebrechlichkeit von Transplantationskandidat*innen und damit ebenfalls die Wartelisten-Mortalität zu senken, können zusätzlich zur Behandlung der Grunderkrankung verschiedene Interventionen ergriffen werden.4 Studien deuteten auf einen positiven Effekt von u. a. folgenden Maßnahmen, als alleinige Intervention wie auch in Kombination, hin:4
- Bewegung und körperliche Aktivität
- Verbesserte Ernährung und Versorgung des Körpers mit ausreichend Nährstoffen
- Psychologische Interventionen zur Stressreduktion (z. B. Atemübungen, Musiktherapie)
- Als weitere Eskalationsstufe: Medikamentöse Therapie
Um diese Interventionen effektiv einleiten zu können, ist es wichtig, gebrechliche Patient*innen frühzeitig zu identifizieren.4 Dabei können Bewertungsfragebögen, wie der Physical-Frailty-Phenotype (PFP) und Frailty-Index (FI) (als Beispiele für Nierentransplantatempfänger*innen) helfen.4
Fazit
Abkürzungen
BMI: Body Mass Index
FI: Frailty-Index
PFP: Physical-Frailty-Phenotype
Referenzen
- Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, Wartelistenführung und Vermittlung von Organen, URL: https://www.organspende-info.de/organspende/ablauf-einer-organspende/wartelisten-vermittlung-transplantation/ (zuletzt aufgerufen 17.11.2023).
- IQWiG, Nierentransplantationen: Bessere Ergebnisse bei größeren Fallzahlen ableitbar, URL: https://www.iqwig.de/presse/pressemitteilungen/pressemitteilungen-detailseite_9947.html (zuletzt aufgerufen 17.11.2023).
- Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, Statistiken zur Organspende für Deutschland und Europa, URL: https://www.organspende-info.de/zahlen-und-fakten/statistiken/ (zuletzt aufgerufen 17.11.2023).
- Huawei C et al. Chin Med J (Engl) 2023; 136(9): 1026–1036.
- Haugen CE et al. Ann Surg 2020; 271(6): 1132–1136.
- McAdams-DeMarco et al. Clin Kidney J 2023; 16(5): 809–816.
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