Spendermilch: Lohnt der Aufwand?

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Spendermilch: Lohnt der Aufwand?

Dass die Ernährung mit Muttermilch bei extrem unreifen Frühgeborenen im Vergleich zu Formulanahrung in vielfältiger Weise protektiv wirkt und auch die langfristige neurokognitive Entwicklung der Kinder günstig beeinflusst, ist durch eine Vielzahl von Studien belegt. Doch inwiefern gilt das auch für Spendermilch? Dieser Frage ist eine aktuelle Studie nachgegangen.  

Spendermilch: Lohnt der Aufwand?

Insbesondere extrem unreife Frühgeborene profitieren von Muttermilch: Sie entwickeln weniger Komplikationen wie Sepsis, nekrotisierende Enterokolitis oder bronchopulmonale Dysplasie, als wenn sie mit Formulanahrung gefüttert werden. Darüber hinaus wird auch ihre langfristige neurokognitive Entwicklung günstig beeinflusst. Doch leider steht Muttermilch für viele Kinder nicht in ausreichender Menge zur Verfügung. In dem Fall fällt die Wahl häufig auf pasteurisierte Spendermilch. Doch deren Herstellung ist aufwändig und ihre Zusammensetzung dem Alter des Kindes in aller Regel nicht so perfekt angepasst wie die Mich der eigenen Mutter. Zudem gehen durch die Pasteurisierung viele wertvolle Inhaltsstoffe verloren oder werden unwirksam. Daher hat eine groß angelegte, kontrolliert-randomisierte Multicenter-Studie nun untersucht, ob Spendermilch im Vergleich zu Formulanahrung neuroprotektive Vorzüge besitzt.  

 

Insgesamt wurden 483 extrem unreife Frühgeborene mit durchschnittlich 26 Gestationswochen und einem Geburtsgewicht von im Schnitt 840 Gramm, die bis dahin keine oder nur eine minimale Menge an Muttermilch erhalten hatten, randomisiert entweder mit Formula- oder Spendermilch ernährt. Ob und in welcher Menge Fortifier zugesetzt wurden, oblag der behandelnden Klinik. Diese Ernährung wurde fortgesetzt bis zum 120. Lebenstag bzw. bis zur Entlassung aus der stationären Behandlung.  

 

Im korrigierten Alter von 22 bis 26 Monaten wurden die Kinder mit den Bayleys Scales of Infant and Toddler Development (BSID) nachuntersucht. Dabei können Scores von 54–155 Punkten erreicht werden. Liegt der Wert unter 85, ist von einer entwicklungsneurologischen Beeinträchtigung auszugehen. Für die 54 Kinder, die bis zum Zeitpunkt der Nachuntersuchung verstorben waren, wurde bei der Auswertung der niedrigstmögliche BSID-Wert von 54 angesetzt, ebenso bei den Kindern, bei denen aufgrund einer Behinderung der Test nicht vollständig durchführbar war.   

 

Das Ergebnis der Auswertung war ernüchternd: Zwischen beiden Studienarmen war kein signifikanter Unterschied im BSID nachweisbar. In beiden Gruppen lag der durchschnittlich erreichte Score bei 81 Punkten; auch der Anteil der Kinder mit milden oder schweren Beeinträchtigungen war in beiden Armen nahezu identisch. Dabei machte es auch keinen Unterschied, ob die Kinder in den ersten Lebenstagen geringfügige Mengen von Muttermilch erhalten hatten oder nicht.  

 

Beschränkte man die Auswertung auf die überlebenden Kinder, wurden bei den kognitiven Tests von allen durchschnittlich 85 Punkte erreicht; bei den sprachlichen Fähigkeiten kamen die Spendermilch-ernährten Kinder auf 82 und die Formula-ernährten auf 80 Punkte; im Bereich der Motorik lagen diese Werte bei 86 bzw. 85 Punkten. Diese minimalen Unterschiede waren nicht signifikant.  

 

Unterschiede sah man indes beim Gewicht: Dies entsprach zu Beginn der Studie für beide Arme im Schnitt der 30. Altersperzentile. Zum Ende der Beobachtungszeit war es bei den Kindern der Formula-Gruppe auf die 40. Perzentile angestiegen, bei den Spendermilch-ernährten Kinder hingegen auf die 29. Perzentile leicht abgesunken. Die Autoren erklären diese Differenzen durch unterschiedliche Praktiken in den einzelnen Kliniken beim Zusatz von Fortifiern. Dabei muss berücksichtig werden, dass der Energie- und Proteingehalt von Spendermilch hinter dem von Muttermilch zurückbleibt und auch von Charge zu Charge schwanken kann. Das Längenwachstum sowie der Kopfumfang waren hingegen in beiden Studienarmen gleich.  

 

Während Komplikationen wie Late-onset sepsis, Meningitis und bronchopulmonale Dysplasie in beiden Gruppen ähnlich häufig vorkamen, sah man einen Rückgang der nekrotisierenden Enterokolitis bei den Spendermilch-Kindern von 9,0 % (Formula-Milch) auf 4,2 % (adjustierte Risikodifferenz -5 %; 95%-CI -9 bis -2). Auf den medianen stationären Aufenthalt schlug sich dies nicht nieder: Er war in beiden Gruppen mit durchschnittlich 94 vs. 96 Tagen gleich (adjustierte Risikodifferenz: -3,03 Tage; 95%-CI -13,6 bis 7,54).   

 

Referenz: Colaizy TT, Poindexter BB, McDonald SA, et al. Neurodevelopmental outcomes of extremely preterm infants fed donor milk or preterm infant formula: a randomized clinical trial. JAMA 2024; 331(7): 582–91

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