Eine Ärztin befestigt ein medizinisches Messgerät an einem Babyfuß.

Sauerstoffsättigung in der "Goldenen Mitte"

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Ende der 2000-er Jahre haben die NeOProM-Trials (Neonatal Oxygen Prospective Meta-analysis) in Sachen Sauerstoffsättigung bei sehr unreifen Frühgeborenen viel von sich reden gemacht. Weil die Mortalität bei einer angestrebten Sättigung von 91 – 95 % deutlich niedriger war als bei 85 – 89 %, wurde das höhere Sättigungsziel weithin für die Standardversorgung empfohlen. Nicht untersucht wurden jedoch die Effekte einer intermediären Sauerstoffsättigung von 88 – 93 %. Dies haben kanadische Forscher nun mit einer großen Kohortenanalyse nachgeholt. Damit geht die Diskussion um den optimalen Zielbereich der Sauerstoffsättigung bei sehr unreifen Frühgeborenen nun in die nächste Runde ...

Sauerstoffsättigung in der "Goldenen Mitte"

Bei den die NeOProM-Trials (Neonatal Oxygen Prospective Meta-analysis) handelt es sich um fünf große, im Studiendesign aufeinander abgestimmte kontrolliert-randomisierte Studien, in denen bei sehr unreifen Frühgeborenen unter 28 Gestationswochen ein niedriger Zielbereich der Sauerstoffsättigung von 85 – 89 % mit einem hohen Zielbereich von 91 – 95 % verglichen wurde. Ihr Ergebnis: Zwar entwickelten im Studienarm mit der niedrigeren Sauerstoffsättigung weniger Kinder eine Bronchopulmonale Dysplasie (BPD) oder eine behandlungsbedürftige Frühgeborenen-Retinopathie (ROP). Doch dies war erkauft durch eine höhere Rate an nekrotisierender Enterokolitis (NEC) und eine insgesamt höhere Mortalität. Aus diesem Grund empfehlen die europäischen RDS-Leitlinien seither, die Sauerstoffsättigung für diese Kinder zwischen 90 und 95 % zu halten und die oberen Alarmgrenzen auf 95 % zu setzen. 

 

Nicht untersucht wurde jedoch, ob eine intermediäre Sauerstoffsättigung von 88 – 93 % eine "Goldene Mitte" darstellen könnte, mit der sich die Risiken der hohen und niedrigen Sättigung ausbalancieren lassen. Dies haben kanadische Forscher nun mit einer Kohortenanalyse der Daten von Frühgeborenen im Canadian Neonatal Network (CNN) nachgeholt. 

 

In 12 an das CNN angeschlossenen kanadischen Zentren lagen zwischen 2011 und 2018 die Zielbereiche der Sauerstoffsättigung unverändert bei 88 – 93 %, während in 8 Zentren eine Sauerstoffsättigung von 90 – 95 % angestrebt wurde. In 5 Zentren switchte man während des Beobachtungszeitraums vom mittleren auf den höheren Bereich. Insgesamt lagen die demografischen Daten von über 9000 behandelten Frühgeborenen unter 29 Gestationswochen sowie ihr Outcome hinsichtlich Morbidität und Mortalität vor. 

 

Die Analyse ergab, dass bei einem intermediären Zielbereich der Sauerstoffsättigung mehr Kinder ohne schwere Komplikationen bis zur Entlassung überlebten und seltener eine BPD entwickelten, während sich die Raten für NEC, ROP und schwere intraventrikuläre Hämorrhagien (IVH) nicht unterschieden. Zu ähnlichen Ergebnissen kam man, wenn man statt des Zielbereichs der Sauerstoffsättigung (SpO2) die jeweils gesetzten Alarmlimits verglich, die entweder zwischen 88 und 97 % SpO2 oder zwischen 83 und 96 % SpO2 lagen. Bei den niedriger gesetzten Alarmlimits kam es zusätzlich etwas seltener zu schweren IVH. 

 

In den Zentren, die ihre Sättigungsziele im Beobachtungszeitraum nach oben verschoben, wurde eine 6-monatige "Wash-out"-Phase berücksichtigt. Auch hier war die intermediär angestrebte Sauerstoffsättigung mit einem besseren Überleben ohne schwere Komplikationen assoziiert (adjustierte Odds Ratio [aOR] 1,92; 95 %-Konfidenzintervall [95 %-CI] 1,30–2,84) und auch die BPD-Rate war niedriger (aOR 0,45; 95 %-CI 0,28–0,72). NEC-Rate und Mortalität blieben davon unberührt. 

 

Das Fazit der Autoren: Die höheren Sauerstoffsättigungsgrenzen waren im Vergleich zu dem Intermediärbereich weder mit einer geringeren Mortalität noch mit einer höheren NEC-Rate, wohl aber mit höherer BPD-Inzidenz und längeren stationären Verweildauern assoziiert. Allerdings beruhen diese Ergebnisse lediglich auf unverblindeten Kohortenanalysen und sollten deshalb unbedingt in kontrolliert-randomisiertem Setting überprüft werden. 

Referenzen

Taylor RS, Singh B, Mukerji A, et al.; Canadian Neonatal Network Investigators. Intermediate vs. high oxygen saturation targets in preterm infants: A national cohort study. Neonatology 2025; 122(1): 106–13

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