Ein Vater hält sein Baby in den Armen. Im Hintergrund liegt die Mutter auf einem Krankenbett.

Frühgeboren: Wie stehen die Chancen auf Elternschaft?

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Wer als sehr unreifes Frühgeborenes mit weniger als 32 Gestationswochen oder einem Geburtsgewicht unter 1500 Gramm zur Welt kommt, hat ein höheres Risiko für Tod oder Behinderung, geringere Bildungschancen und ein höheres Armutsrisiko als gleichaltrige Reifgeborene – das ist durch Langzeitstudien inzwischen gut belegt. Nun wurde untersucht, wie die Frühgeburtlichkeit die Chancen auf eine spätere Elternschaft beeinflusst.

Frühgeboren: Wie stehen die Chancen auf Elternschaft?

Die Bayerische Entwicklungsstudie (BEST) verfolgt die Entwicklung von Kindern, die in den Jahren 1985 und 1986 in einer Region in Südbayern zur Welt gekommen sind. Damit gehört sie zu den wenigen Langzeitstudien, in denen auch Frühgeborene bis ins Erwachsenenalter kontinuierlich nachuntersucht werden, und ermöglichen den Vergleich zu gleichaltrigen Reifgeborenen. Einen solchen Vergleich haben Miranda Kit-Yi Wong und ihre Kolleg*innen aus der Arbeitsgruppe des Entwicklungspsychologen Dieter Wolke durchgeführt und dabei untersucht, wie es mit der Fruchtbarkeit sehr unreifer oder sehr leichter ehemaliger Frühgeborener bestellt ist. 

 

Unter 414 Studienteilnehmer*innen, die zum Untersuchungszeitpunkt 34 oder 35 Jahre alt waren, wurde analysiert, ob und in welchem Alter die Geburt des ersten lebenden Kindes stattfand. 212 der Teilnehmenden waren mit einem Gestationsalter unter 32 Wochen oder einem Geburtsgewicht unter 1500 Gramm zur Welt gekommen; bei den übrigen 202 handelte es sich um ehemalige Reifgeborene. Zwischen den Reif- und den Frühgeborenen gab es einige demografische Unterschiede, die auch das Reproduktionsverhalten beeinflusst haben könnten. So war der familiäre sozioökonomische Status in der Kindheit bei den Frühgeborenen tendenziell etwas niedriger, sie waren etwas häufiger als Einzelkinder herangewachsen und hatten einen geringeren Grad an mütterlicher Einfühlsamkeit und kognitiver Stimulation durch die Eltern erfahren; die Qualität der elterlichen Paarbeziehung war jedoch nicht signifikant niedriger als in den Familien der Reifgeborenen.

 

Zum Zeitpunkt der Untersuchung hatten 76 der ehemaligen Frühgeborenen und 114 der Reifgeborenen mindestens ein lebendes leibliches Kind (35,8 vs. 56,4 %; p<0,001); sie waren also signifikant seltener Eltern. Bei der Geburt des ersten Kindes waren sie jedoch mit im Schnitt 29,8 Jahren tendenziell etwas jünger als die Reifgeborenen mit 30,5 Jahren. 

 

Entscheidend für die geringere Chance auf Elternschaft unter ehemaligen Frühgeborenen dürfte in erster Linie sein, dass sie seltener mit einem Partner zusammenleben. Dies war im Alter von 34 Jahren nur bei 123 der 212 ehemaligen Frühgeborenen, aber bei 173 der 202 Reifgeborenen der Fall (58,0 vs. 85,6 %; p<0,001). Beschränkte man die Auswertung auf diejenigen Proband*innen, die in einer festen Partnerschaft lebten, ergaben sich keine Unterschiede im Reproduktionsverhalten, außer dass ehemalige Frühgeborene ihr erstes Kind tendenziell etwas früher bekamen. Die Autoren schlagen daher neue Wege vor, um ehemaligen Frühgeborenen die Partnersuche zu erleichtern, beispielsweise mithilfe spezieller Dating Apps.

Referenzen

Wong MK, Tsalacopoulos N, Bartmann P, Wolke D. Fertility of adults born very preterm or with very low birth weight. JAMA Netw Open 2025; 8(3): e251164

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