CPAP und nicht-invasive Beatmungsverfahren (NIV) haben dazu beigetragen, vielen sehr unreifen Frühgeborenen eine mechanische Beatmung zu ersparen. Trotzdem ist die Rate der bronchopulmonalen Dysplasie (BPD) bei diesen Kindern nicht so stark zurückgegangen wie erhofft. Als Begründung wird häufig ins Feld geführt, dass eine isolierte Maßnahme nicht ausreichen kann, um eine Erkrankung mit derart multifaktorieller Entstehung wirksam zu bekämpfen.
In den großen randomisiert-kontrollierten Studien Anfang des Jahrtausends hat man untersucht, ob nicht-invasive Atmungsunterstützung einer frühen Intubation mit prophylaktischer Surfactantgabe überlegen ist, um diese Kinder vor chronischen Lungenerkrankungen zu bewahren. Dies haben die Studien zwar bestätigt. Doch Meta-Analysen bescheinigen den nicht-invasiven Verfahren eine enttäuschend hohe Number needed to treat, die je nach inkludierten Studien zwischen 18 und 35 rangiert. Hinzu kommt, dass rund jedes zweite der in diesen Studien eigentlich dem CPAP-Arm zugelosten Frühgeborenen dennoch irgendwann im Verlauf der ersten fünf bis sieben Lebenstage intubiert, beatmet und mit Surfactant versorgt wurde. Dies könnte verschleiern, wie groß die protektiven Effekte der nicht-invasiven Atmungsunterstützung für diejenigen Frühgeborenen sind, die ohne Intubation und mechanische Beatmung auskommen.
Gleichzeitig muss man sich fragen, ob man solche Frühgeborenen, die mit CPAP/NIV nicht ausreichend zu versorgen sind, möglicherweise durch die nicht-invasive Beatmung sogar gefährdet, weil sie eine Intubation und Surfactantgabe verzögern könnte. Vielleicht würden diese Kinder davon profitieren, wenn man ihnen das CPAP-Versagen mithilfe einer frühen Intubation erspart. Doch um Frühgeborene zu identifizieren, die besonders gefährdet für ein CPAP-Versagen sind, genügt es nicht, lediglich das Gestationsalter und das Geburtsgewicht zu berücksichtigen; die vorliegenden Daten sprechen dafür, dass Surfactantmangel den Hauptgrund für das CPAP-Versagen darstellt. Diesen Surfactantmangel klinisch akkurat zu erkennen, könnte daher der Schlüssel für die Identifikation der Hochrisiko Frühgeborenen sein.
Der Sauerstoffbedarf prognostiziert ein CPAP-Versagen nur bedingt
Es wurde vorgeschlagen, den Sauerstoffbedarf (FiO2) der Frühgeborenen als Marker für einen Surfactantmangel heranzuziehen. Doch ein FiO2-Grenzwert von 0,3 bei Aufnahme in die neonatologische Intensivstation hat sich leider als wenig sensitiv herausgestellt, um ein CPAP-Versagen zu erkennen. Setzt man diese Grenze bereits im Alter von 2 Stunden an, besitzt sie hingegen nur eine Spezifität von 50 %, sodass mit einer beträchtlichen Übertherapie zu rechnen ist.
Da es derzeit schwierig ist, einen Surfactantmangel frühzeitig sicher zu identifizieren, könnte man darüber diskutieren, eine frühe Behandlung mit exogenem Surfactant breiter einzusetzen, sofern diese Gabe nicht mit einer mechanischen Beatmung gekoppelt ist. Das derzeit am besten untersuchte minimal-invasive Verfahren zur Surfactantapplikation ist die LISA- bzw. MIST-Methode (less invasive surfactant application bzw. minimal invasive surfactant therapy), bei der Surfactant via dünnen Katheter unter Spontanatmung und CPAP-Unterstützung intratracheal appliziert wird. Doch obwohl diese Intervention weniger invasiv ist als eine konventionelle endotracheale Intubation, handelt es sich doch um eine komplexe Prozedur, die entsprechende Expertise erfordert und weder völlig nebenwirkungsfrei noch ohne Risiko ist. Hinzu kommt, dass sie häufig eine analgetische oder sedierende Prämedikation umfasst.
Dass das Manöver sicher und effizient durchführbar ist, belegt eine Vielzahl von randomisiert-kontrollierten Studien. Diese haben allerdings nicht ausschließlich Frühgeborene mit besonders hohem Risiko für CPAP-Versagen im Fokus. Daher empfiehlt es sich, diese Hochrisiko-Subgruppe stets separat zu analysieren. Es ist zu erwarten, dass gerade diese Kinder ganz besonders von einer weniger restriktiven, frühen Surfactantgabe profitieren würden. Die großen Studien, in denen LISA oder MIST bei extrem unreifen Frühgeborenen unter 29 Gestationswochen gegen CPAP geprüft wurden, zeigen einen reduzierten invasiven Beatmungsbedarf, eine geringere Mortalität und eine niedrigere BPD-Rate in den jeweiligen Interventionsarmen. Dennoch sind hier weitere Studien dringend erforderlich, die insbesondere auch das Langzeit Follow-up der Frühgeborenen evaluieren.
Referenz:
Glaser K, Bamat NA, Wright CJ. Can we balance early exogenous surfactant therapy and non-invasive respiratory support to optimise outcomes in extremely preterm infants? A nuanced review of the current literature. Arch Dis Child Fetal Neonatal Ed 2022; 0: F1–F7.
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