Eine Frau, die ihre Ärztin anlächelt

ESOT 2023: Shared Decision Making erhöht Adhärenz nach Transplantation

2 Minuten

Auch unter Transplantierten ist Non-Adhärenz weit verbreitet, was das Risiko für Spät­komplikationen und Mortalität deutlich erhöht. Die Ein­bindung von Patient*innen in die Therapie­entscheidung und fort­gesetzter Dialog können die Adhärenz nach Transplantation steigern. Lesen Sie, welche Erkenntnisse und Lösungs­vorschläge auf dem ESOT dazu vorgestellt wurden.

Hoher Stellen­wert der Adhärenz-Messung

Typisch bei Transplantierten sind aus­gelassene, seltener verschobene oder verringerte Dosen, Behandlungs­abbrüche gibt es dagegen kaum. Da Non-Adhärenz schon bei kleinen Ab­weichungen mit negativem Out­come assoziiert ist, sollte sie neben Herz- und Atem­frequenz, Blut­druck und Körper­temperatur als zusätzlicher, fünfter Vital­parameter angesehen werden. Adhärenz wird meist durch therapeutische Arzneimittel­überwachung oder Frage­bögen erhoben. Eine Kombination mit weiteren Methoden (z. B. Über­prüfung eingelöster Rezepte oder Patient*innen­tagebuch) erhöht die Genauigkeit. Es ist dann möglich, mit Nicht-Adhärenz verbundene Faktoren zeitnah zu identifizieren und zu adressieren.1

Motivation stärken, subjektive Symptom­belastung ernst nehmen und Lösungen anbieten

Für eine gute Adhärenz ist nicht allein die Fähigkeit, sondern auch die Motivation ausschlag­gebend. Eine personalisierte Betreuung ohne Schuld­zuweisung hilft dem/der Patient*in, die Krank­heit zu verstehen und mit der Lösung (Behandlung) in Ein­klang zu bringen bzw. von dieser überzeugt zu sein. Ein möglicher mehr­stufiger Ansatz zur Adhärenz­verbesserung beginnt mit der Wahr­nehmung von Nutzen und potenziellen Bedenken und bietet Hilfe bei der praktischen Umsetzung (z. B. durch Vereinfachen, Monitoren, Erinnern).2

 

Die allgemein starke Symptom­belastung (v. a. bei Frauen) durch Immun­suppression kann die Lebens­qualität verringern und daher eine Non-Adhärenz verstärken. Patient*innen gehen hier bewusst Risiken ein. Es ist besser, Risiko und Nutzen gemeinsam mit dem/der Patient*in abzuwägen, statt diese ihrer eigenen Entscheidung zu überlassen.3

 

Da Adhärenz primär durch die persönliche Bedeutungs­gebung gesteuert ist, beinhaltet ein wirkungs­voller Ansatz das Ernst­nehmen der wahr­genommenen Neben­wirkungen und Bedenken, Gespräche über Folgen der Non-Adhärenz, eine enge Über­wachung der Organ­funktion sowie die Ein­beziehung der Bezugs­personen.3

 

Prof. Anna Forsberg, Lund, regte an, eine Art Werkzeug­koffer aus individuellen adhärenz­fördernden Maß­nahmen zusammen­zustellen und das Bewusst­sein dafür in der Ärzte­schaft zu schärfen.3 Auch verschiedene Maß­nahmen zur Verhaltens­änderung können Wohl­befinden und Adhärenz bei Transplantierten verbessern, z. B. eine Achtsamkeits­schulung4 oder die Etablierung einer Routine zur Medikamenten­einnahme.5

Patient*innen­gerechte Transplantations-Nachsorge durch ePROMS und Entwicklung neuer Tools

Bisherige patient*innen­berichtete Outcome-Messungen (patient reported outcome measures, PROMs) sind veraltet, nicht patient*innenen­orientiert und zu allgemein, daher wurden nun neue ePROMS speziell für Transplantations­patient*innen entwickelt.6

 

Obwohl PROMs einen effektiveren Ressourcen­einsatz ermöglichen und ihr Nutzen belegt ist, werden sie aus Zeit­mangel kaum in Transplantations­programmen eingesetzt. Tatsächlich sind die Behandlungs­zeiten in Kliniken, die PROMS verwenden, nicht länger und Gesamt­überleben, Symptom­management und Adhärenz sind besser.7

 

Die Alltags­situation Transplantierter spiegelt sich nicht ausreichend in der medizinischen Literatur wider und wird daher von Angehörigen der Gesundheits­berufe oft nur wenig wahrgenommen, erläuterte Claudio Procaccianti, der als Medical Lead für die Firma Chiesi in Italien tätig ist. Die Pharma­industrie kann das Verständnis zwischen Ärzt*innen und Patient*innen fördern, beispielsweise indem sie den direkten Austausch zwischen Patient*innen­vertretungen und medizinischen Fach­kreisen unterstützt. So können neue Tools (Beispiel Patient*innen­tagebuch) und Prozesse entwickelt werden, die die Bedürfnisse der Patient*innen in den Mittel­punkt stellen. Dies kann dazu beitragen, das Shared Decision Making für beide Seiten – Ärzt*innen und Patient*innen – zu verbessern.8

Referenzen

  1. Ribaut J. Clinicians’ Approach to Fixing the Problem. Vortrag, ESOT 2023; 17.-20.09.2023; Athen.
  2. Horne, R. The Impact of Health Care Beliefs on Adherence. Vortrag, ESOT 2023; 17.-20.09.2023; Athen.
  3. Forsberg, A. How Strong is the Link between Symptom Burden and Adherence. Vortrag, ESOT 2023; 17.-20.09.2023; Athen.
  4. Wilson A. Quantitative Findings from the Compassionate Mindful Resilience Programme in Adult Patients with Chronic Kidney Disease (The Cosmic Study). ESOT 2023; 17.-20.09.2023; Athen; Abstract OS5_3.
  5. Ordin Y. The Effect of SystemchangeTM on Medication Adherence in Kidney Transplant Recipients: a Randomized Clinical Trial. ESOT 2023; 17.-20.09.2023; Athen; Abstract OS5_5.
  6. Vermeulen K. Measuring what matters for patients. Vortrag, ESOT 2023; 17.-20.09.2023; Athen.
  7. Dobbles F. Will PROMS und PREMs Drive Change in Transplant Practice? Vortrag, ESOT 2023; 17.-20.09.2023; Athen.
  8. Procaccianti C, Firma Chiesi. Striving to Become Patient Centric in Life Sciences Research. Vortrag, ESOT 2023; 17.-20.09.2023; Athen.

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