Eine Petrischale, aus der etwas raus wächst

ESOT 2023: Regenerative Medizin

2 Minuten

Die Her­stellung oder Wieder­herstellung von Organen bzw. deren Funktion mittels zell­basierter Ansätze eröffnet viel­fältige Einsatz­gebiete im Bereich der Transplantations­medizin. Auf dem Kongress der European Society for Organ Transplantation (ESOT) 2023 wurden aktuelle Ansätze der regenerativen Medizin im Bereich der Forschung und klinischen An­wendung vorgestellt und deren ethische und sozio­ökonomische Aspekte diskutiert.

Organ­modelle

3D-Organ­modelle dienen der Erforschung von Prozessen und Funktionen von komplexen Organ­strukturen.

Organ­modelle der Leber

Junger et al. stellten ein Modell zur Unter­suchung der Aus­wirkungen von Hypoxie und Reoxigenierung auf Chol­angiozyten vor. Sie nutzten humanes extra­hepatisches Gallen­gewebe und kultivierten daraus zirkuläre extra­hepatische Chol­angiozyten-Organoide (ECOs). Diese zeigten sich vor und nach Ischämie und Re­perfusion in Bezug auf die Expressionsmuster zentraler Gene vergleichbar mit Kontroll-Gallengangs-Biopsien.1

 

Aus intra­hepatischen Chol­angiozyten konnten zudem mittels einer Chip-Plattform tubuläre Strukturen gezüchtet werden. Diese erlauben einen Zugang zur intakten Lumen­seite des Gallen­gangs und ermöglichen dort die Unter­suchung von physio­logischen, patho­logischen und behandlungs­assoziierten Prozessen.2

 

Ein anderer Ansatz zielt auf die Her­stellung eines komplexen Leber­modells ohne Verwendung eines Gerüsts zur Organisation der zellulären Strukturen. Mit­hilfe eines eigens entwickelten Bio­printing-Reaktors ist es gelungen, ein gemischtes System aus fünf Leber-Zelltypen mit einer Lebens­dauer von vier Wochen zu etablieren.3

Organ­modell der Niere

Li et al. nutzen ein Nieren-Organoid-Modell auf Basis von humanen induzierten pluri­potenten Stamm­zellen zur Erforschung von fibrotischen Prozessen und deren Behandlung. Sie konnten zeigen, dass Membran­partikel (MP) von mesenchymalen Stroma­zellen (MSC) in Nano­größe bei früh­zeitiger Anwendung fibrotische Prozesse via TNF-β-Inhibition unter­drücken und eine Alternative zu MSC dar­stellen könnten.4

Klinische Anwendungs­gebiete

Zell­basierte Verfahren bei Leber­schäden

Maturierte primäre Chol­angiozyten-Organoide (PCO) können in der Behandlung von Patient*innen mit geschädigtem Gallen­gewebe eingesetzt werden. Nun ist es mittels Crispr-Cas9 gelungen, HLA-I/ HLA-II-Doppel-Knock-out-PCO herzu­stellen, die weniger immunogen sind und keine uner­wünschten genetischen Veränderungen zeigten.5

 

Eine französische Forscher­gruppe beschäftigte sich mit der Herstellung eines Bio­reaktors auf Basis von induzierten pluri­potenten Stamm­zellen für die Leberer­satztherapie bei akutem Leber­versagen. Durch ein 3D-Kultivierungs­verfahren, dass die Bedeutung inter­zellulärer Interaktion berücksichtigt, konnte ein Bio­reaktor entwickelt werden, der 24 Stunden am Stück oder 3 x 6 Stunden funktionsfähig war.6

Behandlung mit mesenchymalen Stroma­zellen (MSC) bei Nieren-Tx

MSC werden bei Nieren-Tx-Patient*innen u. a. eingesetzt, um frühe Immun­reaktionen zu verhindern. Die Behandlung mit allo­genen MSC führt dabei jedoch häufig zur Ausbildung von Donor­spezifischen Anti­körpern (DSA). Die Vermeidung von HLA-Mismatches hatte dabei keinen signifikanten Einfluss auf die Ausbildung von DSA.7

 

Nach dem Absetzen von Tacrolimus entwickelten Patient*innen, die zuvor eine MSC-Therapie erhalten hatten, vermehrt de-novo DSA. Dies galt insbesondere für Patient*innen mit hoher HLA-Klasse- II-Mismatch-Belastung.8

Ethische und sozio­ökonomische Aspekte

Im klinischen Bereich stellen sich nicht nur medizinisch-fachliche, sondern auch ethisch-rechtliche und sozio­ökonomische Fragen. Diskutiert wurden u. a. Aspekte der Rentabilität und lang­fristigen Verfügbar­keit der regenerativen Medizin sowie Heraus­forderungen bei der Kosten­verteilung und beim Transfer vom Labor in die Klinik.9

Referenzen

  1. Junger H. Extrahepatic bile duct organoids as a model to study ischemia/reperfusion injury during liver transplantation. ESOT 2023; 17.-20.09.2023; Athen; Abstract OS3_5.
  2. Willemse J. A microfluidic bile-duct-on-a-chip platform for studying biliary epithelium in a dish. ESOT 2023; 17.-20.09.2023; Athen; Abstract BOS3_8.
  3. Ekser B. Bioprinting. Vortrag, ESOT 2023; 17. ESOT 2023; 17.-20.09.2023; Athen.
  4. Li S. Modeling kidney fibrosis and exploring the anti-fibrotic activity of membrane particles generated from mesenchymal stromal cells in kidney organoids. ESOT 2023; 17.-20.09.2023; Athen; Abstract OS3_7.
  5. Petrus-Reuer S. Generation of ‚universal‘ low-immunogenic human primary cholangiocyte organoids for treatment of bile duct disorders. ESOT 2023; 17.-20.09.2023; Athen; Abstract OS3_6. 
  6. Legallais C. Advancements towards artificial organs. Vortrag, ESOT 2023; 17.-20.09.2023; Athen.
  7. Bezstarosti S. Allogeneic mesenchymal stromal cell therapy in kidney transplantation: should repeated HLA mismatches be avoided? ESOT 2023; 17.-20.09.2023; Athen; Abstract BOS3_4.
  8. Bezstarosti S. HLA-DQ eplet mismatch load may identify kidney transplant patients eligible for tacrolimus withdrawl without DSA formation after MSC therapy. ESOT 2023; 17.-20.09.2023; Athen; Abstract OS3_8.
  9. Forsythe J, Chan YK, de Koning E. et al. Vorträge, ESOT 2023; 17.-20.09.2023; Athen; Fishbowl- Session: Orchestrating clinical translation of regenerative therapies.

 

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