Einen „Goldstandard“ zur Diagnostik der kleinen Atemwege gibt es bisher nicht. Die gängigsten Methoden zur Detektion von Funktionsstörungen der Atemwege sind Spirometrie und Bodyplethysmografie. Für eine Diagnostik der kleinen Atemwege sind diese jedoch nur begrenzt verwendbar, da sie lediglich indirekte Hinweise u.a. auf eine Funktionsstörung der kleinen Atemwege (in Form von „Air Trapping“) liefern können.Ergänzend können zur Diagnostik der kleinen Atemwege Verfahren wie z. B. die Impuls-Oszillometrie (IOS), Stickstoff-Auswaschtests und eine Exhalatanalyse herangezogen werden¹⁻². Darüber hinaus geben auch bildgebende Verfahren Aufschluss über eine Funktionsstörung der kleinen Atemwege³.
Diagnostik: Lungenfunktionelle Hinweise auf eine Erkrankung der kleinen Atemwege
Ein „Goldstandard“ zur differenzierten funktionellen Diagnostik der kleinen Atemwege fehlt bislang¹⁻²⁻⁴. Grundsätzlich können sich Testverfahren eignen, die Aussagen zu folgenden Charakteristika erlauben: frühe Atemwegsobstruktion, erhöhter Atemwegswiderstand, „Air Trapping“ (Überblähung) und Inhomogenität der Lungenventilation. Diese Charakteristika können als Surrogatmarker dienen, um eine Erkrankung in den kleinen Atemwegen aufzuzeigen⁵. Im Folgenden werden verschiedene Methoden zur Analyse der Lungenfunktion vorgestellt, die Rückschlüsse auf eine solche Erkrankung zulassen (Tab.1).
Spirometrie
Die am häufigsten angewandte lungenfunktionelle Methode zur Erfassung einer Atemwegsobstruktion ist die Spirometrie. Diese liefert die Parameter: FEV1 (forced expiratory volume in one second = exspiratorische Einsekundenkapazität), FEV1/VC (forced expiratory volume in one second/vital capacity= relative Einsekundenkapazität) und PEF (peak expiratory flow = maximaler Atemstrom bei Ausatmung). Zur gezielteren Beurteilung der kleinen Atemwege durch die Spirometrie wurde der Parameter FEF25-75 (Forcierter Expirationsfluss während der Ausatmung von 25 – 75 % der Vitalkapazität) vorgeschlagen. Er stellt den Fluss aus den mittleren und kleinen Atemwegen dar. Ob dieser Parameter eine verlässliche Aussage in Hinblick auf die Funktionalität der kleinen Atemwege gestattet, ist noch nicht abschließend geklärt¹.
Bodyplethysmografie
Die Bodyplethysmografie kann Hyperinflation – allgemein verstanden als Erhöhung der statischen Lungenvolumina FRC (funktionelle Residualkapazität), RV (Residualvolumen) bzw. TLC (Totale Lungenkapazität) – und „Air Trapping“ erfassen und damit einen indirekten Hinweis auf eine funktionelle Beeinträchtigung der kleinen Atemwege geben. Der Verlust elastischer Rückstellkräfte, eine Erhöhung des Atemwegswiderstands mit exspiratorischer Flusslimitation und ein frühzeitiger Verschluss der kleinen Atemwege können zu einer Erhöhung dieser Parameter beitragen¹. Das Residualvolumen (RV) korreliert zudem mit dem Grad entzündungsbedingter Veränderungen in den kleinen Atemwegen bei COPD und dem Widerstand der peripheren Atemwege beim Asthma bronchiale⁶.
Sensitivere Methoden erlauben eine differenziertere Betrachtung
Ergänzend zu den gängigen Verfahren, existieren Instrumente zum Nachweis von „Air Trapping“, peripherer Obstruktion oder einer Entzündung der kleinen Atemwege.
- Impuls-Oszillometrie. Die Impuls-Oszillometrie (IOS) ermöglicht die Erfassung obstruktiver Ventilationsstörungen durch die Analyse der mechanischen Eigenschaften der Lunge, wie z.B. der Bestimmung des Atemwegswiderstands. Bei einer IOS werden die Atemwege des Patienten impulsförmigen Schwingungen in Form von Schallwellen ausgesetzt¹. Während höhere Frequenzen (> 15 Hz) die kleinen Atemwege nicht erreichen und diese Signale deshalb die großen Atemwege widerspiegeln, dringen niedrige Frequenzen (5 Hz) bis in die Peripherie vor und liefern Informationen zur Beschaffenheit der gesamten Lunge. Die Beteiligung und Funktionsstörung der kleinen Atemwege kann aus der Differenz der für höhere und niedrige Frequenzen erhaltenen Werte ermittelt werden⁶. Die IOS ist ein sensitiver Lungenfunktionstest, der sich einfach durchführen lässt: Sie ist bei Ruheatmung anwendbar, so dass keine forcierten Atemmanöver notwendig sind. Die IOS kann möglicherweise eine Erkrankung der kleinen Atemwege früher erfassen, als es die Spirometrie vermag¹. Sie kann als Ergänzung der konventionellen Verfahren der Lungenfunktionsdiagnostik eingesetzt werden. Die Indizes mit Bezug zu den kleinen Atemwegen sind mit klinischen Parametern beim Asthma assoziiert⁷.
- Stickstoff-Auswaschtest. Der Stickstoff-Auswaschtest ermöglicht die Bestimmung von Lungenvolumina sowie die Detektion von Verteilungsstörungen der Ventilation¹. Der einfache Stickstoffauswaschtest (Single Breath, SB-N2) kann ein „Air Trapping“ und inhomogene Ventilation in den kleinen Atemwegen widerspiegeln. In einem forcierten Manöver wird 100 % Sauerstoff inhaliert. Bei Ausatmung wird dann die N2-Konzentration (entspricht der in der Lunge verbliebenen Atemluft) gemessen und gegen das exhalierte Volumen aufgezeichnet. Die N2-Kurve des Exhalats spiegelt einen frühzeitigen Verschluss der kleinen Atemwege wider, wenn die Steigung in Phase III (Alveolarplateau bei Abatmung (dN2)) ebenso wie CV (Closing Volume) und CC (Closing Capacity) erhöht sind. Ein Einsatz im klinischen Alltag wäre möglich, der zusätzliche Nutzen ist jedoch noch nicht belegt¹. Der mehrfache Stickstoffauswaschtest (Multiple breath, MB-N2) erfordert eine aufwendige Analyse und wird daher vorzugsweise in der klinischen Forschung verwendet: Es erfolgt eine mehrfache Inhalation von reinem Sauerstoff und nach jeder einzelnen Inhalation die Aufzeichnung der N2-Konzentration des Exhalats. Fällt die Konzentration langsam ab, ergibt dies die sogenannte Washout-Kurve. Aus dieser kann ermittelt werden, wie effizient sich die verschiedenen Gase innerhalb der Lunge vermischen, wodurch die Homo- oder Heterogenität der Ventilation anzeigt wird¹⁻⁶.
- Exhalatanalyse. Stickstoffmonoxid (NO) wird durch Entzündungszellen innerhalb der Atemwege gebildet⁵. Darauf basiert die einfache Methode der Messung der NO-Fraktion im Exhalat (FeNO) zur Beurteilung einer Entzündung der Atemwege Erfahrungswerte liegen vor allem für die FeNO-Analyse der Atemwegsentzündung bei Asthmapatienten vor. Rückschlüsse auf die alveoläre NO-Konzentration (CALvNO) lässt die mehrfache Analyse von FeNO bei unterschiedlichen exspiratorischen Flussraten zu. Die alveoläre NO-Konzentration kann möglicherweise als Marker der distalen Atemwegsentzündung bei Asthma und COPD gesehen werden¹. Zu berücksichtigen ist dabei, dass die FeNO-Ergebnisse durch das Rauchen beeinflusst werden⁶.

Bildgebende Verfahren zur Diagnostik der kleinen Atemwege:
Neben diesen aufgeführten Methoden gibt es auch bildgebende Verfahren, welche herangezogen werden können, um Hinweise auf eine Störung in der Lungenperipherie zu erhalten:
- HRCT (High-resolution CT). Aufgrund der begrenzten Auflösung ist eine direkte Visualisierung der kleinen Atemwege durch HRCT (High resolution CT) nicht möglich5. Allerdings erlaubt es die Visualisierung der großen und mittleren Atemwege (>2 – 2.5 mm im Durchmesser) sowie eine indirekte Beurteilung der kleinen Atemwege, indem beispielsweise „Air Trapping“ erfasst wird. Aufgrund der Strahlenbelastung und der damit verbundenen potentiellen Erhöhung des Krebsrisikos bleibt sein Einsatz limitiert⁴.
- MRT (Magnetresonanztomographie). Die Magnetresonanztomographie (MRT) hat den Vorteil, dass keine ionisierende Strahlung zum Einsatz kommt. Sie bietet jedoch einen geringeren Kontrast als HRCT. Dieses Problem kann teilweise gelöst werden durch eine 3-Helium-Magnetresonanztomographie (3-He-MRT): Helium wird inhaliert und dient als „Kontrastmittel“ für das MRT. Die 3-He-MRT macht sichtbar, welche Bereiche der Lunge belüftet werden und ermöglicht eine bessere Beurteilung der peripheren Atemwege. Damit liefert das 3-He-MRT im Vergleich zum HRCT zusätzliche funktionelle Informationen ohne Strahlenbelastung⁵⁻⁶.
Es ist anzunehmen, dass eine Kombination von verschiedenen diagnostischen Verfahren sich zur Erfassung einer Funktionsstörung in den kleinen Atemwegen am besten eignet. In welcher Kombination die genannten Methoden zur Diagnostik und Beurteilung des Therapieansprechens von Patienten mit einer „Small Airway Disease“ in der Praxis am besten eingesetzt werden können, muss in zukünftigen Studien evaluiert werden⁴.
Vor diesem Hintergrund wurde die prospektive Beobachtungsstudie ATLANTIS (AssessmenT of smalL Airways involvemeNT In aSthma) initiiert. Sie soll mehr Erkenntnisse über die Dysfunktion kleiner und kleinster Atemwege und ihre Bedeutung für den Krankheitsverlauf bei Asthma liefern sowie zur Entwicklung von Methoden beitragen, mit denen sich die Erkrankung kleiner Atemwege nachweisen lässt⁸.
Literatur
1. Husemann K et al., Pneumologie 2012; 66: 283-289.
2. Leitao F et al., Expert Rev of Respi Med. 2016; 10(4): 417-429.
3. Contoli M et al., Allergy 2010; 65: 141-51.
4. Postma DS et al., Eur Respir J 2015; 45:1534-1538.
5. Burgel P-R. Eur Respir Rev 2011; 20: 119, 23-33.
6. McNulty W et al., Eur Clin Respir Jour 2014; 1: 25898.
7. Van der Wiel E et al., J Allergy Clin Immunol 2013; 131: 646-57.
8. Postma DJ et al., Eur Resp J 2015; 45: 1534-8.
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