Die weniger invasive Surfactant-Gabe mit LISA (less invasive surfactant administration) wird von den Europäischen RDS-Leitlinien als Methode der Wahl zur Surfactantsubstitution bei spontan atmenden Frühgeborenen mit Atemnotsyndrom empfohlen. Denn im Vergleich zur konventionellen Surfactantgabe im Rahmen einer endotrachealen Intubation ist LISA nicht nur mit einer geringeren Mortalität assoziiert, sondern reduziert auch das Risiko für bronchopulmonale Dysplasie (BPD) und intraventrikuläre Blutungen (IVH).
Ist diese Therapie erfolgreich, bleiben die Frühgeborenen nach der ersten oder wiederholten LISA-Gaben unter CPAP (kontinuierlich positiver Atemwegsdruck) stabil. Doch dies gelingt leider nicht bei allen: Im Falle eines LISA-Versagens müssen sie im Verlauf dennoch intubiert und mechanisch beatmet werden. Eine retrospektive Kohortenstudie hat nun untersucht, was ein solches LISA-Versagen langfristig für die betroffenen Kinder bedeutet.
Eingeschlossen waren 454 spontan atmende Frühgeborene mit Gestationsalter zwischen 24+0 und 29+6 Wochen, die von 2015 bis 2023 am Máxima Medical Centre in Veldhoven/Niederlande zur Welt gekommen waren und innerhalb der ersten 72 Stunden aufgrund eines Atemnotsyndroms exogenes Surfactant benötigten. Den Leitlinien entsprechend wurde die Surfactantgabe eingeleitet, wenn der inspiratorische Sauerstoffanteil (FiO2) über 0,30 anstieg. Bei 352 Frühgeborenen erfolgte die Applikation per LISA, während 102 aufgrund ihrer klinischen Verfassung dazu primär intubiert und beatmet wurden. Von den LISA-behandelten Kindern konnten 235 erfolgreich stabilisiert werden; die übrigen 117 benötigten trotz LISA innerhalb der ersten 72 Stunden eine Intubation mit mechanischer Beatmung.
Auffällig war, dass die Kinder mit LISA-Erfolg (LISA-S) mit einem medianen Gestationsalter von 27,4 Wochen (± 1,4) und einem Geburtsgewicht von 1044 Gramm (± 239) signifikant reifer waren als die Frühgeborenen mit LISA-Versagen (LISA-F; 26,2 ± 1,5 Wochen; 867 ± 274 Gramm) oder die primär intubierten Frühgeborenen (PI; 26,3 ± 1,8 Wochen; 920 ± 296 Gramm) (p<0,001). Die Mortalität stieg von 7,2% bei LISA-S auf 20,5% für LISA-F und war mit 30,4% am höchsten in der PI-Gruppe. Auch das kurzfristige Outcome war für die LISA-S-Kinder deutlich günstiger als für Frühgeborene mit LISA-F oder PI: Eine moderate bis schwere BPD trat in 13,3 vs. 28,6 bzw. 28,0% auf (p=0,009); schwere Hirnschädigungen sah man nach LISA-S in 4,3% im Vergleich zu 17,1 bzw. 22,0% nach LISA-F oder PI (p=0,001). Tendenziell waren auch behandlungsbedürftige Frühgeborenen-Retinopathien (ROP) bei den primär oder sekundär intubierten Frühgeborenen häufiger, dies war jedoch nicht signifikant (p=0,088); nekrotisierende Enterokolitiden (NEC) traten in allen Gruppen gleich oft auf.
Im korrigierten Alter von 2 Jahren konnten rund 80% der überlebenden Frühgeborenen mit den Bayley Scales of Infant and Toddler Development (BSID III) nachuntersucht werden. Nach Adjustierung für Gestationsalter, Geburtsgewicht und pränatale Steroid-Exposition schnitten Kinder nach LISA-Erfolg in der multivariablen linearen Regression in den motorischen Scores um durchschnittlich 6,4 Punkte besser ab als nach LISA-Versagen (95%-Konfidenzintervall 2,0–10,9; p=0,005). Da sich zwischen LISA-Versagen und PI kein signifikanter Unterschied ergab, folgern die Autoren, dass man den Kindern mit dem LISA-Versuch wahrscheinlich nicht geschadet hat. Doch da mechanische Beatmung und niedriges Geburtsgewicht als einzige unabhängige Risikofaktoren für die motorischen Verzögerungen identifiziert wurden, ist es umso wichtiger, proaktiv individuelle Ansätze zu entwickeln, um LISA-Versagen und mechanische Beatmung innerhalb der ersten 72 Stunden immer besser zu vermeiden, so das Fazit der Autoren.
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