Vielen sehr unreifen Frühgeborenen droht Nierenversagen
Entsprechend der für die Neonatologie modifizierten Kriterien der KDIGO (Kidney Disease: Improving Global Outcomes) liegt eine akute Niereninsuffizienz (AKI) vor, wenn entweder das Serumkreatinin zu hoch und/oder die Urinproduktion erniedrigt ist. Daher kann man eine oligurische von einer nicht-oligurischen AKI unterscheiden. Eine taiwanesische Forschergruppe hat nun untersucht, welche Faktoren das Risiko für AKI bei Frühgeborenen erhöhen können und inwiefern eine oligurische oder nicht-oligurische AKI die Mortalität der betroffenen Kinder beeinflusst.
Dazu wurden retrospektiv die Daten von sehr unreifen Frühgeborenen unter 30 Gestationswochen untersucht, die zwischen Januar 2004 und Oktober 2020 am National Cheng Kung University Hospital betreut worden waren. Ausgeschlossen waren Frühgeborene mit schweren angeborenen Nierenveränderungen oder einem schweren Herzfehler. Von insgesamt 951 Frühgeborenen erfüllten 865 die Einschlusskriterien. Von diesen entwickelte fast jedes vierte (n = 204) ein akutes Nierenversagen, das bei 73 von einer Oligurie gekennzeichnet war. Zusätzlich wiesen 27 dieser Kinder auch ein erhöhtes Serumkreatinin auf.
Im Durchschnitt hatten die Frühgeborenen mit AKI ein niedrigeres Gestationsalter und Geburtsgewicht und schlechtere 5-Minuten-APGAR-Scores. Generell waren sie kränker als die Frühgeborenen ohne Nierenversagen: Komplikationen wie Atemnotsyndrom mit Surfactantbedarf, behandlungsbedürftige Hypotonien, schwere Hirnblutungen, behandlungspflichtiger offener Ductus arteriosus und Sepsis kamen bei ihnen gehäuft vor. Außerdem erhielten sie im Vergleich zu den Kindern ohne AKI häufiger nichtsteroidale Antiphlogistika (NSAID), Aminoglykoside und/oder Vancomycin. Die Mortalität der Frühgeborenen mit AKI war mit 27 % vs. 7 % deutlich erhöht.
Doch prognostisch ist es sinnvoll, zwischen oligurischer und nicht-oligurischer AKI zu differenzieren. Denn von den 73 Frühgeborenen mit oligurischer AKI verstarben 42 (58 %) noch vor Entlassung aus der neonatologischen Intensivstation. Dagegen war die Mortalität unter den Kindern mit nicht-oligurischer AKI mit 10 % ähnlich hoch wie ohne AKI. Auch nach Adjustierung um weitere Einflussfaktoren war das relative Mortalitätsrisiko bei oligurischer AKI etwa vierfach erhöht im Vergleich zur nicht-oligurischen AKI (aRR 3,58 vs. 0,84). Dies betraf die extrem-unreifen Frühgeborenen mit maximal 27 Gestationswochen und die etwas reiferen Kinder mit 28 bis 30 Gestationswochen gleichermaßen und war ebenfalls unabhängig von der Höhe des Serumkreatinins.
Auch hinsichtlich der Risikofaktoren unterscheiden sich beide Krankheitsbilder, denn die oligurische AKI trat häufiger bei niedrigem Geburtsgewicht oder Small-for-gestational-age-Frühgeborenen auf und war öfter mit niedrigeren 5-Minuten-Apgar-Werten assoziiert. Dagegen scheint bei der nicht-oligurischen Form die frühe Exposition mit nephrotoxischen Medikamenten wie NSAID und Aminoglykosiden eine größere Rolle zu spielen. Da die glomeruläre Filtration und die tubuläre Reabsorption für die Urinproduktion entscheidend sind, dürfte die renale Unreife insbesondere die Entwicklung einer oligurischen AKI begünstigen, folgern die Autoren.
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