Ein Baby wird gestillt

Tröstender Duft

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Frühgeborene sind einer Vielzahl schmerzhafter Prozeduren ausgesetzt, die sich tief in ihr Schmerzgedächtnis eingraben können. Deshalb versucht man mit diversen nicht-pharmakologischen Maßnahmen, die Schmerzerlebnisse zu mildern. Zu diesen gesellt sich auch ein olfaktorischer Ansatz: der Geruch von Muttermilch. Seine analgetische Wirksamkeit war Gegenstand vieler Studien, die nun in eine Meta-Analyse eingeflossen sind.

Tröstender Duft

Durchschnittlich 115 schmerzhafte Interventionen macht ein sehr unreifes Frühgeborenes mit, bevor es aus dem Krankenhaus entlassen wird. Aufgrund ihrer Unreife ist ihre Schmerzempfindlichkeit deutlich höher als bei Reifgeborenen. Hormonelle Dysregulation, Stoffwechselveränderungen und Störungen im Immunsystem gehören zu den akuten Folgen; langfristig können wiederholte Schmerzerlebnisse in so früher Kindheit zu kardiovaskulärer Instabilität, einem erhöhten Kortisolspiegel und einer gestörten Schmerzverarbeitung mit erniedrigter Schmerzschwelle führen. 

 

Daher versucht man, den Schmerzen mit nicht-pharmakologischen Maßnahmen zu begegnen. Gut etabliert sind neben dem nicht-nutritiven Saugen vor allem der tröstende Haut-zu-Haut-Kontakt beim Känguruhen sowie Facilitated tucking oder Pucken, bei dem das Kind sanft und geborgen eng gehalten oder fest in eine Decke oder ein Tuch eingewickelt wird. 

 

Da sich die olfaktorischen Rezeptoren bereits sehr früh in der Schwangerschaft entwickeln, sind auch die allerkleinsten Frühgeborenen bereits in der Lage, Gerüche wahrzunehmen. Daher ist es naheliegend, auch den Geruchssinn analgetisch zu nutzen: mit dem Geruch von Muttermilch. Das lässt sich sehr einfach umsetzen, beispielsweise indem man den Kindern ein mit Muttermilch getränktes Wattestäbchen vor die Nase hält. 

 

Wie effektiv dieser Ansatz ist, wurde nun in einer Meta-Analyse untersucht, in die die Daten von 8 randomisiert-kontrollierten Studien mit insgesamt 451 Frühgeborenen im medianen Gestationsalter von 33,5 Wochen eingeflossen sind. Die Kinder der Interventionsarme konnten kurz vor bis kurz nach einer schmerzhaften Maßnahme (z.B. Venenpunktionen, Fersenstich oder Impfung) an einem mit Muttermilch getränkten Wattestäbchen oder Schwamm riechen; in einer Studie wurde ein Diffusor eingesetzt, der die Atemluft mit aerolisierter Muttermilch aromatisierte. In der Kontrollgruppe wurde dagegen auf den olfaktorischen Stimulus verzichtet. In zwei Studien wurde stattdessen das Wattestäbchen bzw. ein Schwamm mit destilliertem Wasser oder Kochsalzlösung getränkt; im Diffusor wurde eine geruchslose Flüssigkeit vernebelt. 

 

Per Videoaufzeichnung wurde das Verhalten der Kinder erfasst; darüber hinaus flossen Herzfrequenz und Sauerstoffsättigung in die Schmerzevaluation mit ein. In 7 der 8 analysierten Studien waren das Pflegepersonal, die behandelnden Ärzte sowie die Auswerter hinsichtlich der Gruppenzuteilung verblindet. 

 

Es zeigte sich nicht nur eine deutliche Reduktion im Schmerz-Score zugunsten der Aromatherapie; in den Interventionsarmen waren auch die Herzfrequenz signifikant niedriger und die Sauerstoffsättigung signifikant höher als in den Kontrollgruppen. Limitiert werden diese Aussagen jedoch durch die geringe Patientenzahl und die heterogene Studienqualität, sodass größere Studien die Ergebnisse bestätigen müssen, so das Fazit der Autoren. 

Referenzen

Bertol AB, Vijendra B, Aquino Gil de Freitas PH, Simão ÁMS, de Faria BL, da Rosa Iop R. The analgesic effects of human milk odor in preterm neonates: a systematic review and meta-analysis. J Perinatol. 2025 Sep 19. doi: 10.1038/s41372-025-02432-9. Epub ahead of print.

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