Vorsicht bei gleichzeitiger Einnahme von Tacrolimus und Metamizol
27.06.2024
4 Minuten
Ein wichtiger Bestandteil einer Nieren- oder Lebertransplantation ist die Nachsorge mit dem Immunsuppressivum Tacrolimus, womit einer Transplantatabstoßung entgegengewirkt wird.1 Worauf bei der Komedikation mit Metamizol zu achten ist, erfahren Sie hier!
Schmerztherapie nach Transplantation
Eine zusätzliche Schmerzbehandlung nach der Transplantation ist entscheidend für die Lebensqualität vieler Patient*innen.1 Am häufigsten werden dazu nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) eingesetzt, welche jedoch signifikante renale und gastrointestinale Nebenwirkungen hervorrufen können.1 Um solche Komplikationen zu minimieren, werden insbesondere bei vulnerablen Patient*innen nicht-opioide Analgetika bevorzugt.1 Häufig kommt dann das analgetisch, antipyretisch und spasmolytisch wirkende Metamizol zum Einsatz.1,2 Obwohl der Wirkstoff in der Regel gut verträglich ist, ist bei der Anwendung nach Tx Vorsicht geboten. Denn neben einer seltenen, schwerwiegenden Agranulozytose können unter Metamizol auch Wechselwirkungen mit anderen Wirkstoffen wie beispielsweise Tacrolimus auftreten.1
Metamizol induziert CYP-Isoenzyme
Metamizol kann den Metabolismus anderer Arzneimittel beeinflussen.1-3 Der Wirkstoff ist ein potenzieller Induktor mehrerer Cytochrom-P450-(CYP)-Isoenzyme – einschließlich CYP2B6 und CYP3A4.1-3 Letzteres ist am Stoffwechsel von fast der Hälfte aller Arzneimittel beteiligt.1
Der Einfluss von Metamizol auf den Metabolismus verschiedener Arzneistoffe wie z.B. Tacrolimus wurde in verschiedenen Studien untersucht.1-3 Bachmann et al. führte dazu eine Studie durch, bei der 12 gesunde, männliche Probanden über eine Woche hinweg 3 g Metamizol pro Tag und unterschiedliche CYP-Substrate, sogenannte Opfer-Substanzen, eingenommen haben (Tab. 1). Dabei stellten die Autor*innen fest, dass Metamizol als moderater CYP-Induktor über die Bindung an den konstitutiven Androstanrezeptor wirkt.2
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Tab. 1: Bachmann et al. untersuchten den induktiven Effekt (Erhöhung ↑ oder Verringerung ↓ der Wirkung) von Metamizol auf unterschiedliche CYP-Substrate (Opfer-Substanzen). Modifiziert nach 2.
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Sowohl Midazolam als auch Tacrolimus werden hauptsächlich über CYP3A4 abgebaut.1-3 Die Induktion von Metamizol und die daraus resultierende Wirkung auf das Benzodiazepin Midazolam lässt sich auf mögliche Interaktionen zwischen Metamizol und Tacrolimus übertragen.1-3 In der Arbeit von Breithaupt et al. wurde zudem der zeitliche Effekt von Metamizol auf das CYP3A4 mit der Opfer-Substanz Midazolam bei gesunden Freiwilligen untersucht.1 Dabei wirkte sich die Metamizol-Einnahme bereits nach drei Tagen stark auf die Midazolam-Exposition aus und verringerte dessen Wirkung – die Metabolisierungsrate war um das 5,43-fache erhöht.1
Tacrolimus und Metamizol
Basierend auf den vorgestellten Daten kann mechanistisch abgeleitet werden, dass Metamizol mit hoher Sicherheit einen Einfluss auf den Tacrolimusspiegel ausüben wird.1-3 Hinweise darauf gibt auch eine Fallserie von Sigaroudi et al.3 Die Forschenden beobachteten, inwiefern sich die Tacrolimus-Blutkonzentration aufgrund der Metamizol-Einnahme bei Transplantationsempfänger*innen veränderte. Ein Fallbeispiel (Abb. 1) zeigte, dass dabei die therapeutische Breite von oral verabreichtem Tacrolimus (4–6 µg/L) unterschritten bzw. nicht erreicht wurde. Als Kontrolle der Blutanalyse wurde eine intravenöse Tacrolimus-Dosis zusätzlich verabreicht, welche erwartungsgemäß zu einem deutlichen Anstieg führte (siehe Abb. 1, Tag 78).3
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Abb.1: Einfluss von kumulativem Metamizol auf die Tacrolimus-Blutkonzentration. Die therapeutische Breite des Patienten liegt bei 4–6 µg/L (grauer Bereich). Modifiziert nach 3.
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Zusammenfassung und Fazit
Bei zeitgleicher Verabreichung von Metamizol und Tacrolimus kann die CYP3A4-Induktion aufgrund des Metamizols die Plasmakonzentration von Tacrolimus reduzieren.1,2 Infolgedessen wird das klinische Ansprechen verringert und das Abstoßungsrisiko des Transplantats gesteigert.1 Daher sollte der Wirkstoffspiegel im Vollblut und die Transplantatfunktion engmaschig überwacht und bei Bedarf die Dosierung der Komedikation oder von Tacrolimus angepasst werden.1,2 Auch beim Absetzen eines CYP3A4-Induktors ist eine engmaschige Kontrolle erforderlich, denn dies kann ebenfalls die Metabolisierungsrate von Tacrolimus beeinflussen.1 Bei Transplantationspatient*innen mit unerklärlichem, plötzlichem Abfall der Tacrolimus-Blutkonzentration sollte daher, neben anderen Differenzialdiagnosen, auch eine potenzielle Interaktion mit dem häufig eingesetzten Metamizol in Betracht gezogen werden.3
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