Eine rote und eine blaue Tintenwolke vermischen sich.

Vorsicht bei gleichzeitiger Einnahme von Tacrolimus und Metamizol

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Ein wichtiger Bestand­teil einer Nieren- oder Leber­transplantation ist die Nach­sorge mit dem Immun­suppressivum Tacrolimus, womit einer Transplantat­abstoßung entgegen­gewirkt wird.1 Worauf bei der Komedikation mit Metamizol zu achten ist, erfahren Sie hier!

Schmerztherapie nach Transplantation

Eine zusätzliche Schmerz­behandlung nach der Transplantation ist entscheidend für die Lebens­qualität vieler Patient*innen.1 Am häufigsten werden dazu nicht­steroidale Antirheumatika (NSAR) eingesetzt, welche jedoch signifikante renale und gastro­intestinale Neben­wirkungen hervorrufen können.1 Um solche Komplikationen zu minimieren, werden insbesondere bei vulnerablen Patient*innen nicht-opioide Analgetika bevorzugt.1 Häufig kommt dann das analgetisch, antipyretisch und spasmolytisch wirkende Metamizol zum Einsatz.1,2 Obwohl der Wirk­stoff in der Regel gut verträglich ist, ist bei der Anwendung nach Tx Vorsicht geboten. Denn neben einer seltenen, schwer­wiegenden Agranulozytose können unter Metamizol auch Wechsel­wirkungen mit anderen Wirk­stoffen wie beispielsweise Tacrolimus auftreten.1

Metamizol induziert CYP-Isoenzyme

Metamizol kann den Metabolismus anderer Arznei­mittel beeinflussen.1-3 Der Wirk­stoff ist ein potenzieller Induktor mehrerer Cytochrom-P450-(CYP)-Isoenzyme – einschließlich CYP2B6 und CYP3A4.1-3 Letzteres ist am Stoff­wechsel von fast der Hälfte aller Arznei­mittel beteiligt.1

 

Der Einfluss von Metamizol auf den Metabolismus verschiedener Arznei­stoffe wie z.B. Tacrolimus wurde in verschiedenen Studien untersucht.1-3 Bachmann et al. führte dazu eine Studie durch, bei der 12 gesunde, männliche Probanden über eine Woche hinweg 3 g Metamizol pro Tag und unterschiedliche CYP-Substrate, sogenannte Opfer-Substanzen, eingenommen haben (Tab. 1). Dabei stellten die Autor*innen fest, dass Metamizol als moderater CYP-Induktor über die Bindung an den konstitutiven Androstanrezeptor wirkt.2

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Tab. 1: Bachmann et al. untersuchten den induktiven Effekt (Erhöhung ↑ oder Verringerung ↓ der Wirkung) von Metamizol auf unterschiedliche CYP-Substrate (Opfer-Substanzen). Modifiziert nach 2.

Sowohl Midazolam als auch Tacrolimus werden hauptsächlich über CYP3A4 abgebaut.1-3 Die Induktion von Metamizol und die daraus resultierende Wirkung auf das Benzo­diazepin Midazolam lässt sich auf mögliche Interaktionen zwischen Metamizol und Tacrolimus übertragen.1-3 In der Arbeit von Breithaupt et al. wurde zudem der zeitliche Effekt von Metamizol auf das CYP3A4 mit der Opfer-Substanz Midazolam bei gesunden Freiwilligen untersucht.1 Dabei wirkte sich die Metamizol-Einnahme bereits nach drei Tagen stark auf die Midazolam-Exposition aus und verringerte dessen Wirkung – die Metabolisierungs­rate war um das 5,43-fache erhöht.1

Tacrolimus und Metamizol

Basierend auf den vorgestellten Daten kann mechanistisch abgeleitet werden, dass Metamizol mit hoher Sicher­heit einen Einfluss auf den Tacrolimus­spiegel ausüben wird.1-3 Hinweise darauf gibt auch eine Fall­serie von Sigaroudi et al.3 Die Forschenden beobachteten, inwiefern sich die Tacrolimus-Blutkonzentration aufgrund der Metamizol-Einnahme bei Transplantations­empfänger*innen veränderte. Ein Fall­beispiel (Abb. 1) zeigte, dass dabei die therapeutische Breite von oral verabreichtem Tacrolimus (4–6 µg/L) unterschritten bzw. nicht erreicht wurde. Als Kontrolle der Blut­analyse wurde eine intravenöse Tacrolimus-Dosis zusätzlich verabreicht, welche erwartungs­gemäß zu einem deutlichen Anstieg führte (siehe Abb. 1, Tag 78).3

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Abb.1: Einfluss von kumulativem Metamizol auf die Tacrolimus-Blutkonzentration. Die therapeutische Breite des Patienten liegt bei 4–6 µg/L (grauer Bereich). Modifiziert nach 3.

Zusammenfassung und Fazit

Bei zeitgleicher Verabreichung von Metamizol und Tacrolimus kann die CYP3A4-Induktion aufgrund des Metamizols die Plasma­konzentration von Tacrolimus reduzieren.1,2 Infolgedessen wird das klinische Ansprechen verringert und das Abstoßungs­risiko des Transplantats gesteigert.1 Daher sollte der Wirkstoff­spiegel im Vollblut und die Transplantat­funktion engmaschig überwacht und bei Bedarf die Dosierung der Komedikation oder von Tacrolimus angepasst werden.1,2 Auch beim Absetzen eines CYP3A4-Induktors ist eine engmaschige Kontrolle erforderlich, denn dies kann ebenfalls die Metabolisierungs­rate von Tacrolimus beeinflussen.1 Bei Transplantations­patient*innen mit unerklärlichem, plötzlichem Abfall der Tacrolimus-Blutkonzentration sollte daher, neben anderen Differenzial­diagnosen, auch eine potenzielle Interaktion mit dem häufig eingesetzten Metamizol in Betracht gezogen werden.3

Referenzen

  1. Breithaupt MH et al. Br J Clin Pharmacol. 2023; 89(8): 2458–2464.
  2. Bachmann F et al. Clin Pharmacol Ther. 2021; 109(6): 1505–1516.
  3. Sigaroudi A et al. Eur J Clin Pharmacol. 2019; 75(6): 869–872.

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