Eine schwangere Frau im weißem T-Shirt sitzt an einem Tisch und hat eine Blutdruckmanschette am rechten Arm

Präeklampsie, Wachstumsretardierung und Neurokognition

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Eine mütterliche Präeklampsie kann die Plazentadurchblutung beeinträchtigen und so zu einer Wachstumsretardierung des Fetus beitragen. Bei "späten" Früh- und Reifgeborenen erhöht dies das Risiko für spätere neurokognitive Entwicklungsstörungen. Ob das auch für sehr unreife Frühgeborene gilt, ist weniger klar. Eine aktuelle Studie hat sich diesem Zusammenhang gewidmet – mit überraschendem Ergebnis ...

Die Präeklampsie gehört zu den gefürchteten Schwangerschaftskomplikationen, die das Risiko für eine Frühgeburt erhöhen. Aufgrund auffälliger Doppler-Untersuchungen der Nabelschnurarterien nimmt man an, dass sie die plazentare Durchblutung beeinträchtigt. Das könnte erklären, warum es im Verlauf häufiger zu einer intrauterinen Wachstumsbeeinträchtigung (fetal growth restriction; FGR) kommt. Im Rattenmodell hat Präeklampsie zu einer beträchtlich verzögerten Hirnreifung und Beeinträchtigung der Neurogenese geführt. Dass die Präeklampsie auch beim Menschen mit dem Auftreten neurokognitiver Störungen im weiteren Verlauf assoziiert sein kann, ist bisher jedoch überwiegend für "späte" Frühgeborene und Reifgeborene belegt. Dabei ist nicht ausgeschlossen, dass hier eine Vielzahl weiterer Störfaktoren eine Rolle spielen. 

Eine US-amerikanische Kohortenstudie hat nun untersucht, ob und inwiefern Präeklampsie und/oder FGR das neurokognitive Entwicklungsrisiko sehr unreifer Frühgeborener beeinträchtigen. Dazu wurden im korrigierten Alter von zwei Jahren Kognition, Motorik und sprachliche Fähigkeiten anhand des Bayley-III-Tests überprüft; Verhaltensauffälligkeiten wurden mit der Child Behavior Checklist/Preschool (CBCL) erfasst. 

 

Eingeschlossen in die Untersuchung waren 529 Frühgeborene, die zwischen April 2014 und Juni 2016 mit weniger als 30 Gestationswochen geboren wurden und für die vollständige Follow-up-Daten im korrigierten Alter von zwei Jahren verfügbar waren. Das mittlere Gestationsalter dieser Kinder lag bei 27 Wochen. Die Mütter von 105 Kindern hatten eine Präeklampsie; bei 21 (20 %) davon lag zusätzlich eine Wachstumsretardierung vor. Unter den 421 Frühgeborenen, deren Fetalzeit nicht durch eine Präeklampsie belastet war, fanden sich hingegen nur 25 (6 %) Kinder mit FGR.

 

Anders als von den Forschern erwartet, beeinflusste die mütterliche Präeklampsie allein weder die Ergebnisse der ehemaligen Frühgeborenen beim Bayley-III-Test noch in der CBCL – in beiden schnitten sie statistisch vergleichbar ab wie Kinder, deren Mütter diese Schwangerschaftskomplikation nicht entwickelt hatten. Unterschiede waren jedoch nachweisbar für ehemalige Frühgeborene mit FGR: Ihre Bayley-III-Ergebnisse blieben in allen drei Domänen im Schnitt um 8 Score-Punkte hinter denen ihrer Altersgenossen ohne FGR zurück – und zwar unabhängig davon, ob die Mütter eine Präeklampsie durchgemacht hatten oder nicht. Mit Verhaltensauffälligkeiten in der CBCL war die FGR hingegen nicht assoziiert. 

 

Die Autoren geben allerdings zu bedenken, dass Präeklampsie und FGR keine unabhängigen Parameter sind. Denn da die Präeklampsie die Sauerstoff- und Nährstoffversorgung des Fetus beeinträchtigen kann, erhöht sie das Risiko für eine Wachstumsrestriktion – und zwar umso ausgeprägter, je schwerer die Präeklampsie verläuft. Insofern kann man die FGR als späten Marker für eine schwere Präeklampsie verstehen. 

Referenzen

Check J, Shuster C, Hofheimer J, et al. Preeclampsia, fetal growth restriction, and 24-month neurodevelopment in very preterm infants. JAMA Netw Open 2024; 7(7): e2420382.

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