Für Frühgeborene kann eine postnatale Infektion mit dem Cytomegalie-Virus (CMV) eine erhebliche Gefährdung darstellen. Je unreifer sie sind, umso häufiger verläuft die Infektion symptomatisch und präsentiert sich mit Sepsis-ähnlichen Symptomen, Pneumonie, nekrotisierender Enterokolitis und/oder Volvulus. Wie eine retrospektive multizentrische Fall-Kontroll-Studie aus Australien zeigt, erhöht die Infektion darüber hinaus das Risiko für chronische Lungenerkrankungen, Late-onset-Sepsis und persistierenden Ductus arteriosus.
Postnatale CMV-Infektion gefährdet die Lungengesundheit
Von insgesamt 11.133 Frühgeborenen unter 32 Gestationswochen, die zwischen 2007 und 2019 in zehn neonatologischen Intensivstationen in Australien betreut wurden, entwickelten 172 im Alter von mindestens 21 Tagen eine symptomatische Infektion mit dem Cytomegalie-Virus (CMV). Bei diesen Frühgeborenen wurde retrospektiv auch mit der Karte des Neugeborenen-Screenings ein CMV-Test durchgeführt, um auszuschließen, dass es sich um eine transplazentare oder perinatale Infektion handelte. Das Risiko einer symptomatischen postnatalen CMV-Infektion (pCMV) steigt mit sinkendem Gestationsalter. Die Inzidenz betrug 1,5% unter den Frühgeborenen unter 32 Wochen; drei Viertel dieser erkrankten Kinder (129/172) waren mit weniger als 28 Gestationswochen extrem unreif. Da lediglich bei symptomatischen Frühgeborenen auf CMV getestet wurde, ist keine Aussage zu asymptomatischen Infektionen möglich.
Die Daten der 172 erkrankten Kinder wurden hinsichtlich Geschlecht, Gestationsalter und Geburtsgewicht mit gleichaltrigen Frühgeborenen ohne pCMV gematcht. Dabei ergab sich, dass pCMV das Risiko für eine chronische Lungenerkrankung um den Faktor 2,7 erhöhte (95%-Konfidenzintervall: 1,7–4,5). Auch eine Late-onset-Sepsis oder ein persistierender Ductus arteriosus kamen bei den Kindern mit pCMV häufiger vor (Odds ratio 1,5 bzw. 1,7; 95%-Konfidenzintervall 1,0–2,3 bzw. 1,1–2,7). Darüber hinaus verlängerte sich der Krankenhausaufenthalt bei den an pCMV erkrankten Frühgeborenen um durchschnittlich 25 Tage (95%-Konfidenzintervall 15,2–35,2; p < 0,005). Die Sterblichkeit wurde durch pCMV allein zwar nicht erhöht, stieg jedoch auf das 5,5-Fache, wenn die pCMV-Patienten eine chronische Lungenerkrankung entwickelten.
Beim entwicklungsneurologischen Follow-up im korrigierten Alter von 29 Monaten schnitten die pCMV-Kinder in den kognitiven und motorischen Scores des Bayley-III-Tests im Schnitt um 7 Punkte schlechter ab. Keine Unterschiede fand man bei der Seh- und Hörfähigkeit; auch Zerebralparesen kamen nicht gehäuft vor.
Eine antivirale Therapie erhielten nur 20 der 172 erkrankten Kinder, wobei keine Angaben zu Indikation, Behandlungsdauer oder Nebenwirkungen erfasst worden sind. Ebenfalls nicht eruierbar war, ob die Kinder mit Milch der eigenen Mutter ernährt worden waren.
Referenzen
Tapawan SJ, Bajuk B, Oei JL, Palasanthiran P on behalf of the NSW and the ACT Neonatal INtensive Care Units (NICUS) Group. Symptomatic postnatal cytomegalovirus infection in less than 32-week prterm infants: 13-year retrospetive multicenter case-control study. Neonatology 2023; 120: 589–97
Inhalt teilen