Eine Lupe, die von einer Hand auf einen bestimmten Teil eines Dickdarmmodells zeigt

Immun­suppression nach Nieren­transplantation – mögliche Effekte auf Morbus Crohn

Was hat Morbus Crohn mit einer Nieren­transplantation zu tun?

4 Minuten

Die Niere ist das am häufigsten transplantierte Organ.1 Im Jahr 2022 standen in Deutschland ca. 6.700 Personen auf der Warteliste für eine Nieren­transplantation, 1.966 Transplantationen wurden bundes­weit durchgeführt (nach postmortaler und Lebend­spende).1 So ist die Wahrschein­lichkeit gegeben, dass sich unter den Organ­empfänger*innen auch Patient*innen mit relevanten Begleit­erkrankungen wie Morbus Crohn (M. Crohn) befinden.2,3

Der M. Crohn zählt gemeinsam mit Colitis ulcerosa zu den wichtigsten chronisch-entzündlichen Darm­erkrankungen (CED).4 Die Prävalenz in Deutschland liegt bei ca. 100–200 pro 100.000 Einwohner*innen, das mediane Erkrankungs­alter beträgt 33 Jahre.4 Gekennzeichnet ist M. Crohn durch ein hetero­genes Bild diverser Phäno­typen, wobei alle Abschnitte des Gastrointestinal­trakts von einer dis­kontinuierlichen Entzündung befallen sein können und sich Granulomen histologisch nachweisen lassen.4,5 Zu den typischen Anzeichen gehören eine chronische Diarrhoe, chronische abdominelle Schmerzen sowie Gewichts­verlust, Wachstums­retardierung mit extra­intestinalen Mani­festationen, ein Nach­weis von Entzündungs­markern oder eine abnormale Bild­gebung des Dünn­darms.4,5

 

Die Wahrscheinlichkeit an M. Crohn zu erkranken und eine Nieren­transplantation zu benötigen, ist relativ gering, jedoch nicht zu vernachlässigen.2,3,5 Zusätzlich können M. Crohn Patient*innen aufgrund ihrer Erkrankung Nieren­manifestationen entwickeln, die in Ausnahme­fällen sogar eine Nieren­transplantation erfordern könnten.5 Ursachen dafür können die bei M. Crohn häufige Dehydratation, eine lang­fristige Mangel­ernährung sowie Neben­wirkungen der CED-Medikamente sein.⁵ Aber auch vice versa gibt es Hinweise darauf, dass eine CED durch eine Nieren­transplantation ausgelöst werden kann.5

 

Darüber hinaus liefern aktuelle Daten Hinweise, dass sich die immunsuppressive Therapie nach der Nieren­transplantation positiv auf die Darm­erkrankung auswirken kann.2,3 Diese Erkenntnisse sind das Ergebnis von Patienten­daten, die zwischen 2016 bis 2022 in der Mayo Klinik in Florida erhoben wurden.2 Insgesamt wurden 37 Personen mit M. Crohn identifiziert, denen eine Niere transplantiert wurde.2 Die Diagnose M. Crohn erfolgte bei 33 der Proband*innen bereits vor der Transplantation, mit einem Durchschnitts­alter von etwa 32 Jahren (Spanne von 9 bis 69 Jahren).2

M. Crohn nach Nieren­transplantation: etwa die Hälfte nicht mehr behandlungs­bedürftig²

 

Von 37 Patient*innen mit M. Crohn, die eine Nieren­transplantation erhielten, musste M. Crohn bei 48,6 % der Erkrankten nach der Transplantation nicht weiter behandelt werden aufgrund der ein­geleiteten Immun­suppression.2 So konnte nach einer erfolgreichen Nieren­transplantation in einigen Fällen auf den Einsatz weiterer immun­modulierender Arznei­stoffe wie etwa Biologika verzichtet werden.2

 

Eine mögliche Erklärung ist hierbei der Einsatz von Immun­suppressiva wie etwa Tacrolimus nach der Transplantation, um das Risiko für Abstoßungs­reaktionen zu reduzieren.3 Dafür wurde bei den meisten Patient*innen eine Dreifach- oder Zweifach-Kombinations­therapie mit Tacrolimus, Mycophenolsäure und Prednisolon eingesetzt.2

Im Überblick: Ergebnisse nach der Nieren­transplantation (n = 37):² ³ ⁶

  • Bei 18 (48,6 %) Transplantations­patient*innen musste M. Crohn nicht mehr medikamentös behandelt werden
  • 20 (54,1 %) Proband*innen erreichten eine klinische Remission ihres M. Crohn, während sie eine immun­suppressive Therapie zur Vorbeugung der Transplantat­abstoßung erhielten
  • 16 (43 %) Erkrankten wurden zusätzlich Biologika zur Behandlung des M. Crohn unter Absprache mit dem Transplantations­team ver­schrieben
  • 14 (37,8 %) wiesen weiterhin einen aktiven M. Crohn auf
  • in 3 (8,1 %) Fällen waren keine Daten verfügbar

Fazit

In der beschriebenen Studie wurden 37 der relativ wenigen Patient*innen untersucht, die sowohl an M. Crohn leiden als auch eine Nieren­transplantation erhalten haben.2 Das Ergebnis: etwa die Hälfte dieser Patient*innen konnte während einer Immun­suppression nach Trans­plantation auf eine zusätzliche Behandlung von M. Crohn mit Immun­suppressiva verzichten.2

 

Dadurch konnte der Einsatz weiterer immunmodulierender oder biologischer Arzneimittel reduziert werden.2 Obwohl die Studie nur eine geringe Proband*innenzahl untersuchte, handelt es sich für diese spezielle Gruppe um eine recht große Anzahl.3 Dennoch sind weitere Daten zur Sicherung der These erforderlich.

Referenzen

  1. Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA), Organspende – Die Entscheidung zählt!, Die Nierentransplantation, URL: https://www.organspende-info.de/organspende/transplantierbare-organe/nierentransplantation/ (zuletzt aufgerufen 09.04.2024).
  2. Sulbaran M et al. Outcomes of Crohn's disease patients after renal transplant. AIBD 2022.
  3. Susman E, Do Kidney Transplant Medications Supplant IBD Drugs?, Medpage Today, URL: https://www.medpagetoday.com/meetingcoverage/aibd/102147 (zuletzt aufgerufen 09.04.2024).
  4. Sturm A et al. Aktualisierte S3-Leitlinie „Diagnostik und Therapie des Morbus Crohn“ der
  5. Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechsel-
  6. krankheiten (DGVS) (Version 4.1), 2024, URL: https://register.awmf.org/assets/guidelines/021-004l_S3_Morbus_Crohn_Diagnostik_Therapie_2024-03.pdf (zuletzt aufgerufen 09.04.2024).
  7. Alalawi F et al. Exp Clin Transplant. 2023; 21(10): 791–800.
  8. Lopez MA, Renal Transplant Improves Outcomes in Half of Patients With Crohn Disease, URL: https://www.gastroenterologyadvisor.com/reports/renal-transplant-improves-outcomes-in-half-of-patients-with-crohn-disease/ (zuletzt aufgerufen 09.04.2024).

Erfahren Sie hier mehr zu Envarsus®.

 

Pflichttext

4 Minuten

Inhalt teilen