Bei drohender Frühgeburt vor Ende der 30. Gestationswoche kann die präpartale Gabe von intravenösem Magnesium an die Mutter die Überlebenschancen des Kindes erhöhen und vor dem Auftreten einer Zerebralparese schützen. Um zu klären, ob und inwieweit das auch für "späte" Frühgeborene mit 30 bis 34 Gestationswochen gilt, wurde schon vor über zehn Jahren die groß angelegte MAGENTA-Studie initiiert. Endlich liegen die lang erwarteten Ergebnisse vor.
Die neuroprotektive Wirksamkeit von Magnesium bei drohender Frühgeburt ist durch Studien gut belegt – wenn es sich um sehr unreife Frühgeborene unter 30 Gestationswochen handelt. Für "späte" Frühgeborene war die Evidenz dazu bislang hingegen dünn. Um das zu ändern, wurde im Jahr 2012 die MAGENTA-Studie aufgelegt. Im Rahmen der multizentrischen Plazebo-kontrollierten randomisierten Studie erhielten Mütter, bei denen in der 30. bis 34. Gestationswoche eine Frühgeburt innerhalb der folgenden 24 Stunden erwartet wurde, per Infusion entweder 4 g Magnesiumsulfat oder Placebo. Das primäre Outcome war Tod (Totgeburt oder Tod vor dem korrigierten Alter von zwei Jahren) oder Überleben mit Zerebralparese. Als sekundäre Outcome-Parameter wurden darüber hinaus weitere Komplikationen wie respiratorische Probleme, nekrotisierende Enterokolitis, persistierender Ductus arteriosus sowie neurosensorische Behinderungen wie Taub- oder Blindheit erfasst.
Insgesamt wurden zwischen Januar 2012 und Februar 2018 1433 Schwangere bzw. 1679 Feten eingeschlossen. Für die Auswertung waren die Daten von 691 der 858 Kinder in der Magnesiumgruppe und von 674 der 821 Kinder der Placebogruppe verfügbar. Ergebnis: Bis zum korrigierten Alter von zwei Jahren waren im Interventionsarm 3,3% der Kinder verstorben oder hatten eine Zerebralparese entwickelt, während dieser Anteil in der Kontrollgruppe nur bei 2,7% lag. Dieser Unterschied war nicht statistisch signifikant (p=0,57).
Unklar bleibt, warum der neuroprotektive Effekt des Magnesiums, der bei sehr unreifen Frühgeborenen gut belegt ist, bei etwas reiferen Kindern offenbar nicht mehr zum Tragen kommt. Möglicherweise spielen bei unreiferen Frühgeborenen andere Mechanismen der Hirnschädigung eine Rolle als in einem weiter fortgeschrittenen Gestationsalter. Die Autoren eines Editorials, das die Ergebnisse der MAGENTA-Studie¹ kommentierte, gaben darüber hinaus zu bedenken, dass zwar die Dosis von 4 g, nicht aber die Latenz zwischen der Gabe und der tatsächlichen Geburt dokumentiert wurde. In vielen gängigen Protokollen schließt sich an die 4-g-Infusion eine Erhaltungsgabe von 1 g/h an. Darüber hinaus hat man beim Design der MAGENTA-Studie eine Rate für Tod oder Zerebralparese von etwa 9,6% zugrunde gelegt. In der Studie lag der tatsächliche Anteil jedoch in beiden Behandlungsarmen mehr als dreifach niedriger; sie war daher möglicherweise nicht ausreichend gepowert, um kleine, aber relevante Unterschiede zu erfassen.
Auch bei den sekundären Outcome-Parametern ergaben sich bis auf die Beobachtung, dass die Frühgeborenen in der Magnesiumgruppe weniger respiratorische Probleme und chronische Lungenkrankheiten entwickelten, keine Unterschiede. Doch das allein darf kein Grund für die Magnesiumgabe sein, da andererseits die behandelten Frühgeborenen im Alter von zwei Jahren einen höheren Score bei Verhaltensauffälligkeiten aufwiesen. Sowohl die respiratorischen Effekte als auch die Einflüsse auf spätere Verhaltensprobleme sollten in weiteren Studien genauer adressiert werden.
Fazit
Eine präpartale Magnesiumgabe sollte auf Schwangere begrenzt bleiben, bei denen eine Frühgeburt vor Ende der 30. Schwangerschaftswoche droht.
Referenzen
Crowther CA, Ashwood P, Middleton PD, et al. Prenatal intravenous magnesium at 30–34 weeks' gestation and neurodevelopmental outcomes in offspring - The MAGENTA Randomized Clinical Trial. JAMA 2023; 330: 603–14
- Louis JM, Randis TM.
Intrapartum magnesium for neuroprotection – revisiting gestational age
criteria. JAMA 2023; 330: 597–8
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