Eine Hand hält ein Ultraschallgerät

Lungenultraschall und Surfactant zum Zweiten ...

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Die kränkesten und unreifsten Frühgeborenen kommen mit einer einzigen Dosis Surfactant oft nicht aus – doch klare, allgemein akzeptierte Kriterien, wann eine zweite Gabe indiziert ist, gibt es derzeit nicht. Nun hat ein internationales Team untersucht, ob Lungenultraschall für diese Entscheidung Hilfestellung geben kann.

Lungenultraschall und Surfactant zum Zweiten ...

Da der Lungenultraschall (LUS) als Point-of-Care-Untersuchung ein leicht erlern- und einsetzbares Verfahren ohne Strahlenbelastung oder andere relevante Nebenwirkungen darstellt und eine valide Einschätzung der Lungenbelüftung ermöglicht, wird er in vielen Zentren eingesetzt, um zusätzlich zu klinischen Kriterien die Indikation für eine Surfactantgabe bei Frühgeborenen mit Atemnotsyndrom (RDS) abzusichern. In zahlreichen Studien und Meta-Analysen hat das Verfahren diesbezüglich seine Validität bereits unter Beweis gestellt. 

 

Dabei ging es jedoch in aller Regel um die erste Surfactantgabe – der Stellenwert von LUS für die kränkesten Frühgeborenen, die im Verlauf eine weitere Dosis benötigen, ist bislang kaum untersucht. Die Indikationsstellung für eine weitere Surfactantgabe basiert meist auf der Höhe des inspiratorischen Sauerstoffanteils (FiO2) – doch allgemein anerkannte Kriterien gibt es derzeit nicht. Darüber hinaus ist eine Erhöhung des FiO2 nicht zwangsläufig durch einen Mangel an funktionsfähigem Surfactant bzw. eine unzureichende Lungenbelüftung bedingt, sondern kann auch andere pathophysiologische Ursachen haben. Daher könnte der LUS auch hier wesentliche Hilfestellung bieten. 

 

Eine französisch-italienisch-spanische Multicenterstudie hat daher nun untersucht, wie akkurat sich mit einem LUS-basierten Lungenbelüftungs-Score die Notwendigkeit für eine zweite Surfactantgabe bei Frühgeborenen mit maximal 30 Gestationswochen vorhersagen lässt. Dazu wurde retrospektiv aus den elektronischen Patientendaten der LUS-Score zu zwei Zeitpunkten ausgewertet: im Alter von etwa 1 Stunde (T1) sowie im Alter von etwa 12 Stunden (T2). In jedem Fall fanden die Untersuchungen jeweils vor sowie mindestens 10 Stunden nach einer eventuell erforderlichen ersten Surfactantgabe statt. Diese wurde verabreicht, wenn der LUS-Lungenbelüftungs-Score über 8 lag. Eine zweite Gabe erfolgte frühestens 10 Stunden nach der ersten Applikation, sofern anhaltend ein FiO2 > 0,3 nötig war, um zu verhindern, dass die Sauerstoffsättigung unter 90 % abfiel.

 

Da in allen teilnehmenden Zentren LUS zur Routineversorgung aller Frühgeborenen auf der neonatologischen Intensivstation gehörte, konnten mit dieser pragmatischen Beobachtungsstudie Daten unter Alltagsbedingungen erhoben werden. Zum Einsatz kam in allen Zentren ausschließlich Poractant alfa (Curosurf®) in einer Dosierung von 200 mg/kg bei der primären Gabe und 100 mg/kg bei wiederholter Applikation. 

 

Insgesamt wurden 705 Frühgeborene eingeschlossen, von denen 192 ganz ohne exogenes Surfactant auskamen, während 303 eine und 210 zwei Dosen benötigten. Dabei zeigte sich eine klare Abhängigkeit von Gestationsalter und Geburtsgewicht: Diese betrugen bei Kindern ohne Surfactant im Schnitt 27,3 Wochen bzw. 1004 Gramm und waren bei Frühgeborenen mit einmaliger Surfactantgabe mit 26,7 Wochen und 921 Gramm bzw. bei Frühgeborenen, die mehr Surfactant benötigten, mit 25,8 Wochen und 774 Gramm signifikant niedriger (p<0,001). Kinder, die mit nur einer Gabe auskamen, waren zum Zeitpunkt der Intervention im Schnitt 2 Stunden (1–3) alt, während Frühgeborene, die im Verlauf noch eine zweite Dosis benötigten, die erste meist bereits nach 1 Stunde (1–2) und die zweite im medianen Alter von 18 Stunden (11–36) erhielten. 

 

Die Auswertung der LUS-Scores ergab, dass sich mit dem LUS zum Zeitpunkt T2 eine zweite Surfactantgabe genauso akkurat und unabhängig vom Gestationsalter voraussagen ließ, wie dies für die erste Gabe mit dem LUS zum Zeitpunkt T1 der Fall war. Dabei war die Area Under the Curve (AUC) der ROC-Kurve (Receiver Operating Characteristic), in der die Sensitivität gegen die Spezifität aufgetragen wird, für T2 mit 0,85 sogar noch etwas größer als für T1 mit 0,69 (p<0,001). Bei einem Cut-off von 8 konnte der LUS-Score zum Zeitpunkt T2 die wiederholte Surfactantgabe mit einer Sensitivität von 98 % und einer Gesamtgenauigkeit von 78 % vorhersagen. 

 

Der LUS-Lungenbelüftungs-Score eignet sich also mit dem gleichen Cut-off von 8 nicht nur für die Indikationsstellung zur ersten, sondern auch für eine zweite Surfactant-Gabe bei Frühgeborenen mit anhaltendem RDS, so die Schlussfolgerung der Autoren. Der LUS könnte so dazu beitragen, dass diese kränkesten und gefährdetsten Frühgeborenen frühzeitiger die erforderliche Therapie erhalten.

Referenzen

De Luca D, Alonso-Ojembarrena A, Sarcina D, Gutierrez-Rosa I, Loi B, Migliaro F, Capasso L, Raimondi F. Quantitative lung ultrasound to guide surfactant retreatment in preterm neonates born at ≤30 weeks' gestation: a multicentre retrospective non-inferiority diagnostic accuracy study. EBioMedicine. 2025; 118: 105865

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