Ein neugeborenes Baby liegt auf einer Babywaage. Das Display der Waage zeigt ein Gewicht von 1030 Gramm an.

Geburtsgewicht

Keine Hetze bei der Gewichtszunahme!

3 Minuten

Der Gewichtsverlust in den ersten Tagen nach der Geburt bereitet vor allem bei extrem unreifen Frühgeborenen häufig Sorge. Befürchtet werden Komplikationen wie die nekrotisierende Enterokolitis oder Mangelernährung. Ob das Ausmaß des Gewichtsverlusts und das Tempo, mit dem die Kinder ihr Geburtsgewicht wiederherstellen, die neurokognitive Entwicklung langfristig beeinflussen, hat nun eine große Post-Hoc-Analyse untersucht. 

Keine Hetze bei der Gewichtszunahme!

Extrem unreife Frühgeborene sind in den ersten Lebenstagen ganz besonders durch Gewichtsverlust bedroht, da ihnen der hohe Feuchtigkeitsverlust über die Haut sowie die noch nicht ausgereifte Nierenfunktion zu schaffen machen. Um diesen Gewichtsverlust zu minimieren, erhalten kritisch kranke Kinder häufig entsprechende Flüssigkeitsvolumina i.v.. Auf diese Weise verkürzt sich auch der Zeitraum bis zum Wiedererlangen des Geburtsgewichts. Doch man weiß, dass ein minimaler Gewichtsverlust unter 5% des Gesamtgewichts bei extrem unreifen Frühgeborenen mit vermehrten Komplikationen wie beispielsweise dem häufigeren Auftreten einer nekrotisierenden Enterokolitis assoziiert ist. Außerdem wird vermutet, dass Kinder, die erst nach 14 Tagen oder später wieder ihr Geburtsgewicht auf die Waage bringen, von Mangelernährung bedroht sind. Ob sie aber im Umkehrschluss von einer rascheren Gewichtszunahme langfristig profitieren, ist bislang noch ungenügend untersucht.

 

Eine Sekundäranalyse der Daten der PENAT-Studie (Preterm Erythropoietin Neuroprotection Trial) hat nun untersucht, ob bei extrem unreifen Frühgeborenen das Tempo, mit dem sie nach der Geburt ihr Gewicht verändern, in einem Zusammenhang zu ihrer neurokognitiven Entwicklung steht. In die Auswertung eingeschlossen waren 645 extrem unreife Frühgeborene mit vollständig vorliegenden Daten zur Gewichtsentwicklung sowie zur neurokognitiven Entwicklung im korrigierten Alter von 2 Jahren. Diese Kinder waren mit einem durchschnittlichen Gestationsalter von 25+6 Wochen und einem Geburtsgewicht von 815 Gramm zur Welt gekommen.

 

Für die Auswertung wurden Quartilen gebildet. Die erste Quartile umfasste alle Kinder, die entweder überhaupt kein Gewicht verloren oder es innerhalb der ersten fünf Lebenstage wieder erreicht hatten, während die Frühgeborenen in der letzten Quartile dazu 12 Tage oder länger benötigt hatten. Kürzere Zeiten waren dabei assoziiert mit mütterlicher Prä-Eklampsie, Schwangerschafts-induzierter Hypertonie, höherem mütterlichem Alter, Kaiserschnitt, niedrigerem Geburtsgewicht, einer höheren Exposition mit postnatalen Steroiden und Vasopressoren. Außerdem wurden die Kinder häufiger invasiv beatmet und erhielten eine höhere Flüssigkeitszufuhr während der ersten 14 Lebenstage.

 

Es stellte sich heraus, dass die Zeit, die die Kinder benötigten, um ihr Geburtsgewicht wieder zu erreichen, mit einer günstigeren sprachlichen, motorischen und kognitiven Entwicklung im korrigierten Alter von 2 Jahren korrelierte (gemessen mittels Bayley-III-Scores). Frühgeborene, die dazu 12 Tage oder länger benötigten, schnitten besser ab als Kinder mit einer rascheren Gewichtszunahme. Signifikant war dieses Ergebnis jedoch lediglich für die Sprachentwicklung. Um wieviel Gewicht es dabei ging, scheint für die motorische Entwicklung kaum von Belang zu sein. Doch für die kognitive und die sprachliche Entwicklung erwies es sich als günstig, wenn der kumulative Gewichtsverlust (sprich: die Gesamtsumme des prozentualen Gewichtsverlusts pro Tag, an dem das Geburtsgewicht unterschritten war) zwischen 0 und –23 %-Tage betrug im Vergleich zu Kindern, bei denen er zwischen –23 und –50 %-Tagen lag oder noch ausgeprägter war.

 

Die Autoren schlussfolgern daher, dass man bei sehr unreifen Frühgeborenen einen moderaten postnatalen Gewichtsverlust tolerieren darf und den Kindern ausreichend Zeit lassen sollte, dieses Gewicht im Verlauf wiederzuerlangen. 

Referenzen

Valentine GC, Perez KM, Wood TR, et al. Time to regain birthweight and association with neurodevelopmental outcomes among extremely preterm newborns. J Perinatol 2024; 44: 554–60

3 Minuten

Inhalt teilen