Ein Baby liegt auf einer männlichen Brust

Früher Hautkontakt auch für die Allerkleinsten

5 Minuten

Dass direkter Hautkontakt mit den Eltern für Frühgeborene viele Vorzüge mit sich bringt, ist inzwischen unbestritten. Gerade die allerkleinsten und unreifsten Frühgeborenen mit weniger als 24 Gestationswochen sollten davon profitieren – doch die Gefahr vor Wärmeverlusten macht diese Maßnahme bei ihnen schwierig. Dass und wie es trotzdem gelingen kann, haben nun schwedische Neonatologen demonstriert.

Früher Hautkontakt auch für die Allerkleinsten

Die Vorzüge des direkten Hautkontakts bei der Känguru-Pflege von sehr unreifen Frühgeborenen sind durch viele Studien belegt: Verbesserte Thermoregulation und kardiorespiratorische Stabilität, erleichtertes Stillen, besseres Wachstum und ein höheres Gesamtüberleben sprechen für sich und haben dazu geführt, dass der Skin-to-skin-Kontakt mit den Bezugspersonen zur Standardversorgung auf neonatologischen Intensivstationen gehört. 

 

Problematisch wird es jedoch, wenn die Frühgeborenen bereits mit 22–23 Gestationswochen zur Welt kommen. Nicht nur die meist erforderliche invasive Beatmung erschwert bei diesen extrem unreifen Kindern die Känguru-Pflege; sie sind aufgrund ihrer im Vergleich zum Gesamtgewicht relativ großen Körperoberfläche und unreifen Hautbarriere ganz besonders von transdermalen Flüssigkeits- und Wärmeverlusten bedroht. Daher wird bei ihnen häufig auf den direkten Hautkontakt verzichtet, um die kontinuierlichen Umgebungsbedingungen im Inkubator zu gewährleisten. Andererseits tragen gerade diese Kinder das höchste Risiko für Tod oder neurokognitive Beeinträchtigungen und könnten daher in ganz besonderer Weise von den Vorzügen der Skin-to-Skin-Versorgung (SSC) profitieren – zumal dieser enge Hautkontkakt auch das Bonding zwischen Eltern und Kind intensiv fördert. 

 

Aus dem Grund haben Neonatologen am Universitätsklinikum in Uppsala/Schweden untersucht, wie gut sich auch bei diesen Allerkleinsten bereits in der ersten Lebenswoche die Körpertemperatur während der Känguru-Pflege stabilisieren lässt.

 

Die retrospektive Analyse der Patientendaten beschränkte sich auf 57 Frühgeborene, die in den Jahren 2015 bis 2019 mit 22+0 bis 23+6 Gestationswochen in Uppsala behandelt wurden und von denen man bei 43 (75 %) schon während der ersten Lebenswoche im medianen Alter von 4 (3–5) Tagen mit SSC begonnen hat. Diese Kinder wurden zu dem Zeitpunkt entweder mechanisch beatmet oder erhielten CPAP-Atmungsunterstützung, hatten alle einen zentralvenösen Zugang für die parenterale Ernährung und zur Hälfte zusätzlich einen Umbilikalarterienkatheter. 

 

Vor dem Transfer legte sich das Elternteil in ein Bett in unmittelbarer Nähe des Inkubators, gekleidet in ein Shirt, das sich vorne öffnen ließ. Die Kinder trugen eine Windel und waren aber in ein Cape aus Merinowolle gewickelt. Eine Pflegekraft oder das andere Elternteil hob das Kind aus dem Inkubator und platzierte es – ohne Unterbrechung der Beatmung – entweder in Bauch- oder Seitenlage auf der Brust des Elternteils, deckte es mit einem weiteren Wollcape zu, schloss das Shirt des Elternteils darüber und deckte beide mit einer weiteren Decke zu. 

 

Vor der ersten SSC-Session hatten 23 der Frühgeborenen (53 %) eine normale Körpertemperatur, 18 waren hypertherm (≥ 38° C; 42 %) und zwei hypotherm (< 36,5° C; 5 %). Die erste Känguru-Phase dauerte im Schnitt 128 Minuten. Danach waren 37 der Kinder normotherm (86 %), bei 6 Kindern war die Temperatur unter 36,5° C abgesunken (14 %); von diesen entwickelten 2 eine signifikante Hypothermie unter 36° C (5 %). Bei den meisten Frühgeborenen folgte noch innerhalb der ersten Lebenswoche ein zweiter Känguru-Kontakt, der mit durchschnittlich 177 Minuten etwas länger dauerte und den 38 von 41 Kindern (93 %) mit normaler Körpertemperatur beendeten; nur bei 3 lag die Temperatur unter 36,5° C (7 %). 

 

Damit demonstriert diese retrospektive Untersuchung, dass auch für die allerkleinsten Frühgeborenen unter 24 Gestationswochen Känguru-Pflege möglich ist. Allerdings ist eine gute Vorbereitung das A und O, da insbesondere der Transfer aus dem Inkubator und zurück kritisch ist und das Kind einer Kältebelastung aussetzen kann. Daher sollte er so rasch wie möglich erfolgen und alle erforderlichen Decken sollten stets griffbereit sein.

Referenzen

Blomqvist YT, Söderström F, Karlsson V. Supporting early skin-to-skin care of infants born at 22–23 weeks' gestation. Acta Paediatr. 2025 Aug 1. doi: 10.1111/apa.70255. Epub ahead of print.

5 Minuten

Inhalt teilen