Prof. Dr. Markus Weckmann, Lübeck: Diagnose "Lungenkrank" – Lifestyle oder Genetik?
- Im Genom jedes Menschen findet man ca. 4–5 Millionen Punktmutationen, von denen rund jede 7. die Gen-Expression bzw. Proteinsynthese beeinflusst.
- Die Genetik bestimmt die Lungenfunktion nicht monokausal, sondern trägt lediglich zur Krankheitsprädisposition bei.
- Sie kann eine COPD-Entstehung triggern, wenn weitere Faktoren wie Frühgeburtlichkeit, gehäufte Atemwegsinfekte in der Kindheit oder Schadstoffbelastung der Atemluft hinzukommen.
- Zu den wichtigsten epigenetischen Prozessen gehört die DNA-Methylierung und -Demethylierung, wodurch Gene schlechter oder besser abgelesen werden können.
- Das Ausmaß der Methylierung wird durch Umweltfaktoren wie Rauchen oder Ernährung maßgeblich beeinflusst.
- Durch Rauchen getriggerte epigenetische Prozesse können die Lungenfunktion verschlechtern, zur Emphysembildung beitragen und Exazerbationen begünstigen.
Prof. Dr. Wolfgang Göpel, Lübeck: Frühgeborene und ihr Risiko für chronische Lungenerkrankungen
- Die Alveolarisierung und Kapillarisierung der Lunge beginnt zwischen dem zweiten und dritten Schwangerschaftstrimester. Dieser Prozess wird bei sehr unreifen Frühgeborenen empfindlich gestört.
- Wird eine mechanische Beatmung erforderlich, schädigt dies das unreife Lungengewebe zusätzlich.
- Aufgrund dieser ungünstigen Startbedingungen bleibt die Lungenfunktion sehr unreifer Frühgeborener deutlich hinter der von reifgeborenen Kindern zurück.
- Ehemalige Frühgeborene tragen deshalb bereits im jungen und mittleren Erwachsenenalter ein erheblich erhöhtes COPD-Risiko.
- Wie gut sich die Lunge nach den Belastungen durch die Frühgeburtlichkeit regenerieren kann, scheint stark genetisch determiniert zu sein.
- Stillen wirkt protektiv auf die Lungenfunktion von Frühgeborenen.
Prof. Dr. Klaus F. Rabe, Großhansdorf: Wann beginnt eigentlich eine COPD?
- COPD ist eine Spektrumerkrankung, die stets multimorbide Patienten betrifft.
- Der eher kachektische Emphysem- und der eher übergewichtige Bronchitis-Typ der COPD stellen zwei pathophysiologisch verschiedene Entitäten dar:
- Beim Emphysem-Typ dominiert klinisch die Luftnot aufgrund der verminderten Gasaustauschfläche.
- Beim Bronchitis-Typ sind die durch exogene Schadstoffe und Infekte hervorgerufenen entzündlichen Veränderungen führend.
- Die Lungenentwicklung ist erst mit etwa 21 Jahren abgeschlossen. Bis zu diesem Alter ist eine Regeneration möglich; danach schaltet sich der genetische Signalweg für die Alveolarisierung irreversibel ab.
- Nach einer kurzen Plateauphase fällt etwa ab dem 30. Lebensjahr die Lungenfunktion individuell und in Abhängigkeit von Umgebungsfaktoren unterschiedlich schnell ab.
- Bei COPD sind in der Lunge ab der 5. Teilungsgeneration terminale Bronchiolen und Alveolen drastisch reduziert.
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