Auch in diesem Jahr lud Chiesi zu einer News Hour auf der Jahrestagung der Deutschen Transplantations-Gesellschaft (DTG) in Freiburg ein. PD Dr. Johanna Schneider, Freiburg, sowie Prof. Dr. Robert Öllinger, Berlin, und Univ.-Prof. Dr. Dr. Jonel Trebicka, Münster, stellten dort ihre persönlichen Studienhighlights aus dem Jahr 2024 vor.
Im Rahmen der News Hour wurde zudem das Projekt Opt.Ink der „Jungen Helden“ präsentiert, das sich für mehr Aufmerksamkeit und Aufklärung zum Thema Organspende einsetzt. Opt.Ink ist ein Organspende-Tattoo, das die Einwilligung zur Organspende der Träger*innen signalisiert.1
Neue Ansätze bei Abstoßungsreaktionen nach Nieren-Transplantation (Tx)
Die ABMR (Antikörper-vermittelte Abstoßungsreaktion) ist eine häufige Ursache für Transplantatabstoßung und -verlust, für die bisher nur begrenzte Offlabel-Therapieoptionen mit schwankender Wirksamkeit zur Verfügung stehen. PD Dr. Schneider zeigte spannende Daten zu potenziellen neuen Behandlungs- und Diagnosestrategien.1-3
Felzartamab: Eine Phase-2-Studie von Mayer et al. untersuchte Felzartamab, einen monoklonalen IgG1-Antikörper gegen CD38, vs. Placebo. Sie konnten ein akzeptables Sicherheitsprofil sowie eine häufigere Auflösung der ABMR, eine Reduktion der Entzündung in der Mikrozirkulation und niedrigere dd-cfDNA-Werte nachweisen. PD Dr. Schneider betonte die Notwendigkeit einer kontinuierlichen Behandlung für den dauerhaften Behandlungserfolg.2
Imlifidase: Halleck et al. verglichen die Wirksamkeit von Imlifidase, einem Enzym, das humanes IgG abbaut, mit Plasmapherese (PLEX) bzgl. der Senkung von donorspezifischen Antikörpern (DSA) bei Nieren-Tx-Empfänger*innen mit ABMR. Obwohl Imlifidase gut verträglich war und die DSA-Werte effektiv und schnell senkte, konnte kein eindeutiger klinischer Vorteil vs. PLEX beobachtet werden.3
MMDx: Das Molecular Microscope Diagnostic System (MMDx) ist eine innovative Technologie, die genomweite Microarray-Analysen mit Algorithmen zur Detektion und Neu-Klassifikation von TCMR und ABMR in Transplantatbiopsien kombiniert. Halloran et al. 2 konnten mittels MMDx in vielen histologisch als „rejektionsfrei“ eingestuften Biopsien eine subklinische Rejektion nachweisen.4
Neue Perspektiven in der Leber-Tx
Irresektable kolorektale Lebermetastasen sind ein häufiges Problem mit schlechtem Langzeitüberleben. Die randomisierte, prospektive TransMet-Studie von Adam R et al. verglich erstmals die Kombination von Leber-Tx und Chemotherapie (LTx+C) mit alleiniger Chemotherapie, wie Prof. Dr. Öllinger berichtete. Die Kombination LTx+C erwies sich als vielversprechende Option mit signifikantem Überlebensvorteil bei bekanntem Sicherheitsprofil.5
Aktuell werden in Deutschland viele marginale Organe nicht angenommen bzw. transplantiert. Eine Neubewertung der erweiterten Spenderkriterien (ECD) könnte neue Möglichkeiten im Kampf gegen den Organmangel eröffnen. In einer multinationalen retrospektiven Analyse von Moosburner et al. zum Outcome von Lebertransplantaten, die die ECD-Kriterien von Eurotransplant erfüllen, waren ECD-Organe gleichwertig in Bezug auf Transplantat- und Patient*innenüberleben vs. Standardorgane (einzige Ausnahme: Spenderalter).6
Translationale Ansätze in der Hepatologie
Prof. Dr. Dr. Trebicka ging auf das 7-Jahres-Follow-up der QuickTrans-Studie ein, in der Louvet et al. die Inzidenzen von Alkoholrückfällen bei schwerer alkoholbedingter Hepatitis (AH) bzw. alkoholbedingter Zirrhose (AZ) in drei Gruppen verglichen:
- Frühe LTx bei schwerer AH (AH-Gruppe) vs.
- LTx bei AZ nach ≥ 6 Monaten Abstinenz (AZ-Gruppe) vs.
- Keine LTx bei schwerer AH
In der AH-Gruppe war die Rückfallrate in den ersten beiden Jahren hoch, danach gab es keine signifikanten Unterschiede zwischen der AH- und der AZ-Gruppe. Die Ergebnisse betonen die Bedeutung eines frühzeitigen Alkoholmanagements nach Tx bei AH.7
In einer Interimsanalyse der CHANCE-Studie untersuchten Gustot et al. die Mortalität auf der Warteliste (WL) und 3 Monate post-LTx bei akut-auf-chronischem Leberversagen (ACLF) bei
- WL-Patient*innen mit ACLF Grad 2/3 vs.
- WL-Patient*innen mit ACLF 0/1 und MELD-Score > 20 vs.
- Ungelisteten Patient*innen mit ACLF 2/3
Die Studie belegte einen Transplantationsnutzen bei ACLF 2/3 und zeigte, dass die aktuellen Allokationskriterien in dieser Gruppe unzureichend sind und zu einer übermäßig hohen WL-Sterblichkeit führen. Eine Revision des Zuteilungssystems könnte die Situation verbessern.8
Referenzen
- Junge Helden: Opt.Ink. https://junge-helden.org/optink, zuletzt aufgerufen am 05.12.2024
- Mayer KA et al. Randomized Phase 2 Trial of Felzartamab in Antibody-Mediated Rejection. N Engl J Med.2024;391(2):122-132.
- Halleck F et al. A Randomized Trial Comparing Imlifidase to Plasmapheresis in Kidney Transplant Recipients With Antibody-Mediated Rejection. Clin Transplant. 2024;38(7):e15383.
- Halloran F et al. Subthreshold rejection activity in many kidney transplants currently classified as having no rejection Am J Transplant.2024;6:S1600-6135(24)00461-1.
- Adam R et al. Liver transplantation plus chemotherapy versus chemotherapy alone in patients with permanently unresectable colorectal liver metastases (TransMet): results from a multicentre, open-label, prospective, randomised controlled trial. Lancet. 2024;404(10458):1107-1118.
- Moosburner S et al. Multinational Analysis of Marginal Liver Grafts Based on the Eurotransplant Extended Donor Criteria Ann Surg 2024; 10.1097/SLA.0000000000006491
- Louvet A et al. GS-010 Early liver transplantation for severe alcohol-related hepatitis: long-term data of the French-Belgian controlled study (QuickTrans) Journal of Hepatology 80:S6-S7.
- Gustot T et al. LBO-004 Excess waitlist mortality and survival benefit of liver transplantation for patients with severe acute-on-chronic liver failure: Interim results of the CHANCE study Journal of Hepatology 80:S9-S10.
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