Gelingt es jedoch nicht, die Kinder mit CPAP zu stabilisieren, ist dies mit einer höheren Sterblichkeit sowie einem höheren Risiko für bronchopulmonale Dysplasie (BPD) assoziiert. Umso wichtiger ist es, so früh und zuverlässig wie möglich einschätzen zu können, welche Frühgeborenen mit LISA und CPAP gut versorgt sind und welche möglicherweise stattdessen von einer frühen Intubation mit konventioneller Surfactantapplikation profitieren würden. Eine spanische Beobachtungsstudie hat bei Frühgeborenen, die zwischen 2017 und 2022 in zwei großen neonatologischen Intensivstationen (NICU) in Barcelona betreut wurden, nach Kriterien gefahndet, die bei dieser Einordnung hilfreich sein könnten
In die Studie eingeschlossen waren 289 Frühgeborene mit einem Gestationsalter zwischen 23+0 und 33+6 Wochen, die wegen eines RDS Surfactant erhalten hatten. 56 dieser Kinder waren bereits im Kreißsaal intubiert und beatmet worden, während die übrigen 233 zunächst mit CPAP stabilisiert und in die NICU überführt werden konnten. Dort erhielten 174 Frühgeborene Surfactant per LISA; bei den übrigen 59 entschied man sich für eine primäre endotracheale Intubation mit mechanischer Beatmung.
Die Frühgeborenen, die bereits im Kreißsaal intubiert worden waren, waren im Schnitt unreifer mit einem Gestationsalter von median 26,1 Wochen und einem medianen Geburtsgewicht von 831 Gramm. Auch die Kinder, bei denen man sich auf der NICU für eine primäre endotracheale Intubation mit mechanischer Beatmung entschieden hatte, waren mit 27,5 Wochen und 1021 Gramm unreifer und leichter als die LISA-Kinder mit 28,9 Wochen und 1197 Gramm Geburtsgewicht. Unabhängig davon, ob sie bereits im Kreißsaal oder erst auf der NICU intubiert worden waren, entwickelten die mechanisch beatmeten Kinder häufiger eine schwere Hirnblutung oder eine moderate bis schwere BPD und benötigten ebenfalls öfter eine Heimsauerstoff-Beatmung als die LISA-versorgten Kinder.
Insgesamt entwickelte etwa jedes 5. mit LISA versorgte Frühgeborene (21,8 %) im Verlauf ein CPAP-Versagen, wobei das Risiko mit der Unreife der Kinder anstieg. So lag diese Rate unter den Frühgeborenen mit 23–26 Wochen mit 38,7 % fast doppelt so hoch. Das CPAP-Versagen verschlechterte den Outcome der betroffenen Kinder erheblich: 36,8 % von ihnen entwickelten einen Pneumothorax (vs. 2,9 %), eine moderate bis schwere BPD trat bei 38,5 % auf (vs. 13,0 %) und eine Heimsauerstoff-Versorgung benötigten 23,1 % (vs. 5,4 %). Auch die Sterblichkeit war mit 28,9 vs. 2,2 % signifikant höher.
Als Prädiktoren für ein CPAP-Versagen identifizierten die Wissenschaftler neben männlichem Geschlecht, einem Gestationsalter unter 28 Wochen, intrauteriner Wachstumsverzögerung und einer Körpertemperatur < 36,5° Celsius bei NICU-Aufnahme auch einen Lungenultraschall-Score (LUS) > 12 im Alter von 60–120 Minuten sowie ein Verhältnis von Sauerstoffsättigung zu inspiratorischem Sauerstoffbedarf (SF-Ratio) < 300.
Ein LUS > 12 war mit einer Versechsfachung der Odds Ratio (OR) für CPAP-Versagen verknüpft (OR 6,38; 95%-Konfidenzintervall [CI] 2,03–20,0), wobei einschränkend jedoch erwähnt werden muss, dass dieser Score nur bei 56 % der Kinder erfasst worden war. Bei einem Gestationsalter unter 28 Wochen betrug die OR für CPAP-Versagen 3,97 (95%-CI 1,87–8,44) und eine SF-Ratio < 300 erhöhte die OR auf 3,24 (95%-CI 1,47–7,15). Lag die Körpertemperatur bei Aufnahme auf die NICU unter 36,5° Celsius, war dies mit einem Anstieg der OR für CPAP-Versagen auf 4,99 (95%-CI 2,26–11,02) verknüpft. Das prädiktive Modell aus den genannten Faktoren ergab für die Vorhersage eines CPAP-Versagens eine AUC (area under the curve) von 0,84 (95%-CI 0,75–0,93; p<0,001).
Die Autoren plädieren daher zum einen dafür, den LUS als wichtiges Werkzeug zur Prognoseabschätzung noch besser in die Routineversorgung sehr unreifer Frühgeborener zu integrieren. Zum anderen appellieren sie, in Anbetracht der von ihnen identifizierten Risikofaktoren den Einsatz von LISA bei sehr unreifen Frühgeborenen mit ungünstiger SF-Ratio, intrauteriner Wachstumsrestriktion und erniedrigter Körpertemperatur kritisch abzuwägen.
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