zwei paar verschieden große haende ineinanderliegend darin liegend rote pappausschnitte von zwei nieren als comic

Aktuelle Entwicklungen zur Lebendspende

3 Minuten

Sehr vielen Patient*innen auf der Warteliste stehen zu wenige Organspender*innen gegenüber. Die Lebendspende kann dieses Problem zwar nicht lösen, jedoch etwas entspannen. Auf der Jahrestagung der Deutschen Transplantationsgesellschaft, die vom 7.–9. November 2024 in Freiburg stattfand, war das Thema daher allgegenwärtig.

Leberlebendspende als gute Option

Die Leberlebendspende bietet einige Vorteile gegenüber der postmortalen Spende. So können Zeitpunkt und OP-Team optimal geplant werden, die Patient*innen müssen nicht lange auf ein Organ warten und in der Regel liegt eine exzellente Organqualität vor. Bei Kindern ist die Tatsache, dass die Technik im Allgemeinen einer Split-OP entspricht, ein zusätzlicher Vorteil. Demgegenüber steht als größter Nachteil die möglichen Risiken für den/die Lebendspender*in, auch wenn die Mortalität für Spender*innen nahezu bei 0 liegt.1 Das Risiko kann durch eine schrittweise Spenderevaluation gemäß Evaluationsalgorithmus nach Kupke P et al. weiter minimiert werden.1,2 Bei Erwachsenen sind weitere Nachteile die technisch aufwändigere Operation und die oft initial grenzwertige Lebermasse („small-for-size“). Schließlich birgt die Lebendspende ein höheres Komplikationsrisiko für den/die Empfänger*in. So kommt es gegenüber der postmortalen Spende häufiger zu Leberarterienthrombosen, Gallengangskomplikationen und Pfortaderthrombose. Durch eine Links-Spende können Komplikationen reduziert werden.1 Geeignete Indikationen für eine Leberlebendspende sind

 

  • nicht-resektable kolorektale Lebermetastasen, bei denen eine Lebertransplantation eine kurative Therapie darstellt,
  • ein lokal fortgeschrittenes hepatozelluläres Karzinom (HCC), bei der die Transplantation möglicherweise lebensrettend sein kann (wenig Chancen auf der Warteliste durch normalen MELD-Score),
  • HCC/cholangiozelluläres Karzinom (CCC)-Mischtumoren mit schlechterem Outcome als HCC, sowie
  • akutes Leberversagen, eine eher seltene Indikation.3

Zentren benötigen mehr Übung

Problematisch ist, dass viele Zentren nur wenig Übung in der Durchführung sowohl der Leber- als auch der Nierenlebendspende haben. Häufig werden noch offene Operationstechniken verwendet, auch wenn sich bereits eine Tendenz hin zu minimalinvasiven und/oder robotischen Techniken bei der Entnahme der Organe zeigt. Dies ist wichtig, um die Komplikationsrate niedrig zu halten und die Lebensqualität bei dem/der Spender*in zu erhalten.4,5

Gutes Outcome bei Nierenlebendspenden in Heidelberg

Sommerer et al. präsentierten Langzeitdaten (Vortragsdaten: 2011-2022, medianes Follow-up 6 Jahre) der prospektiven Kohortenstudie HeiKiD (Heidelberger Kidney Donor) mit 373 Lebendspender*innen.6 Dabei sind Spender*innen

 

  • v. a. Frauen, 
  • 45 bis 64 Jahre alt 
  • und relativ häufig (Ex-)Raucher*innen und spenden an Partner*in oder (Enkel-)Kind, die meist männlich sind, wie im Vortrag gezeigt wurde. 

 

Die Referentin berichtete im Rahmen des Vortrags, dass 68 % der Spender*innen älter als die Empfänger*innen der Organe sind, daher leiden sie häufig unter Vorerkrankungen und erhalten Dauermedikationen. Dies erklärt v. a. bei den > 65-Jährigen eine hohe Inzidenz von postoperativen Komplikationen und Rehospitalisierungen, so die Vortragende, die aber nur selten mit der Spende assoziiert sind (v. a. Infektion). 

 

Unabhängig vom Alter zeigt sich bei den Spendern*innen eine langfristig stabile glomeruläre Filtrationsrate nach initialem Rückgang um 32,6 %.6

Monitoring auf frühe Transplantatabstoßung durch Urin-Metabolom

Im Rahmen der UMBRELLA-Studie zeigte die Untersuchung der Urin-Metaboliten Alanin, Citrat, Laktat und Harnstoff als nicht-invasives Monitoringtool nur bei der Nierenlebendspende eine Aussagekraft für eine mögliche frühzeitige Transplantatabstoßung (innerhalb 14 Tage nach Transplantation). Die klinische Validierung fand mit 109 Patient*innen statt.7

Novellierung des Transplantationsgesetzes

Eine Novellierung des Transplantationsgesetzes soll den Subsidiaritätsgrundsatz bei der Lebendspende in Deutschland aufheben, sodass sich auch nicht nahestehende Menschen ein Organ spenden dürfen und unabhängig davon, ob eine postmortale Spende zur Verfügung steht. Weitere Neuerungen wären der Aufbau eines Programms zur Überkreuzlebendnierenspende und die Möglichkeit einer anonymen, ungerichteten Lebendspende. Zudem hat das neue Gesetz, das in 2025 inkrafttreten soll, zum Ziel, den Spenderschutz zu stärken. Die Ärzteschaft wünscht sich allerdings noch Nachbesserungen beim Gesetz: 

 

  • eine Registrierung auch kompatibler Spender-Empfänger-Paare (für besser passende Organe),
  • eine europaweite Vermittlung z. B. über Eurotransplant, 
  • eine Registrierung von mehreren Spender*innen pro Empfänger*in und 
  • eine Erweiterung auf Leberlebendspende.8-10 

Referenzen

  1. H.-J. Schlitt. Leberlebendspende: Spendereignung und Ergebnisse. DTG 2024; 07.09.–09.09.2024; Freiburg/Breisgau; Vortrag WS05-03. 
  2. Kupke P et al. Optimization of surgical evaluation algorithms for living donor liver transplantation. Dig Liver Dis 2024:S1590-8658(24)01018-1. 
  3. Oezcelik A. Chancen und Grenzen der Lebendorganspende aus ärztlicher Sicht. DTG 2024; 07.09.–09.09.2024; Freiburg/Breisgau; Vortrag WS08-02.
  4. Stippel D. Masterclass III: Lebendspende – Vortrag Niere. DTG 2024; 07.09.–09.09.2024; Freiburg/Breisgau; Vortrag M03-01.
  5. Settmacher U. Masterclass III: Lebendspende – Vortrag Leber. DTG 2024; 07.09.–09.09.2024; Freiburg/Breisgau; Vortrag M03-02. 
  6. C. Sommerer et al. Longterm clinical outcome of living kidney donors – results of the HeiKiD (Heidelberg Kidney Donor) study. DTG 2024; 07.09.–09.09.2024; Freiburg/Breisgau; Abstract und Vortrag WS08-03. 
  7. Wiesner K et al. Urinary metabolite constellation also detects very early post-transplant rejection in living donor kidney recipients. DTG 2024; 07.09.–09.09.2024; Freiburg/Breisgau; Abstract und Poster PV03-02. 
  8. Algermissen M. Stand der gesetzlichen Neuerungen zum Kidney Exchange/Cross-Over Programm. DTG 2024; 07.09.–09.09.2024; Freiburg/Breisgau; Vortrag WS02-05.
  9. Kurschat C. Medizinische Chancen eines Kidney Exchange/Cross-Over Programms in Deutschland. DTG 2024; 07.09.–09.09.2024; Freiburg/Breisgau; Vortrag WS02-06.
  10. Banas B. Erweiterung der LOS: Was soll sich bei der Lebendorganspende ändern? DTG 2024; 07.09.–09.09.2024; Freiburg/Breisgau; Vortrag WS08-01. 

3 Minuten

Inhalt teilen